Das Bundesverfassungsgericht hat das bisher gültige Bundesgesetz zur Triage für verfassungswidrig erklärt. Nun warnt der Präsident der Bundesärztekammer vor unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Bundesländern.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, verlangt bundesweit einheitliche Gesetze zur Triage, also zu lebensrettenden medizinischen Maßnahmen. Er fände es hochproblematisch, wenn es in unterschiedlichen Ländern zu dieser Fragestellung unterschiedliche Regelungen gäbe, sagte Reinhardt dem Bayerischen Rundfunk am Mittwoch in München.
Auf die Frage, wie sich unterschiedliche Regeln in den einzelnen Bundesländern verhindern ließen, antwortete Reinhardt: “Indem vielleicht die Landesgesetzgeber sich dann doch koordinieren und sich disziplinieren, an dieser Stelle eine einheitliche Regelung für das Land zu finden, das ist ja möglich.”
Der Ärztekammer-Chef ergänzte: “Die Triage, von der wir hier jetzt sprechen, die ist natürlich ausgelöst durch die Diskussion in der Pandemie, da handelt es sich natürlich im Wesentlichen um Beatmungsplätze in der Intensivmedizin.” Diese Situation sei allerdings auch während der Pandemie immer eine theoretische geblieben.
Hintergrund von Reinhardts Äußerungen ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Dienstag zum bisher gültigen Bundesgesetz zur Triage. Dieses hatten die Richter für verfassungswidrig erklärt, da sie die Gesetzgebungskompetenz bei den Bundesländern sehen. Laut Beschluss des Ersten Senats ist zudem der Eingriff des Bundes in die Berufsfreiheit von Ärztinnen und Ärzten verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.
In Karlsruhe geklagt hatten mehrere Ärztinnen und Ärzte aus Notfall- und Intensivmedizin, und zwar gegen Teile des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Darin regelt der Bund Kriterien für eine Entscheidung über überlebenswichtige Behandlungen.
Experten sprechen von der Triage, wenn eine strikte Reihenfolge dringend zu behandelnder Patienten festgelegt wird. Dabei geht es etwa um die Frage, wer überlebenswichtige Geräte wie ein Atemgerät oder ein Intensivbett erhält, wenn nicht genügend Ressourcen für alle Patienten vorhanden sind. In der Konsequenz könnten ärztliche Entscheidungen für das Überleben Betroffener maßgeblich sein. Insbesondere während der Corona-Pandemie wurde aufgrund befürchteter Überlastungen von Kliniken über eine mögliche Triage diskutiert.