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Ärzte ohne Grenzen: Mitarbeiter in Äthiopien gezielt ermordet

Es soll eine gezielte Tötung mit Schüssen aus nächster Nähe gewesen sein. So kamen nach Einschätzung der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen drei Mitarbeiter in Äthiopien ums Leben. Die Behörden schweigen weiter.

Vier Jahre nach dem gewaltsamen Tod von drei Mitarbeitern einer Hilfsorganisation in Äthiopien gibt es offenbar neue Erkenntnisse. Zwei Äthiopier und eine Spanierin wurden demnach vorsätzlich und gezielt getötet, obwohl sie eindeutig als humanitäre Helfer zu erkennen gewesen seien, teilte die Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) am Dienstag mit. Sie beruft sich auf eigene Untersuchungen.

Demnach waren die drei Mitarbeiter im Juni 2021 in der Konfliktregion Tigray unterwegs, um medizinische Versorgung zu leisten. Ihr Auto, so betonte die Organisation, sei ein deutlich gekennzeichnetes MSF-Fahrzeug gewesen. Es wurde angehalten und das MSF-Personal getötet.

Laut Untersuchungen der Organisation wurde zudem festgestellt, dass sich zum Zeitpunkt des Vorfalls ein Konvoi der äthiopischen Nationalen Verteidigungskräfte (ENDF) auf derselben Straße befand, auf der die MSF-Mitarbeiter getötet wurden. Zeugenaussagen zufolge waren Soldaten direkt in den Angriff verwickelt.

“Ein Zeuge berichtete, er habe einen Funkspruch mitgehört, in dem ein ENDF-Kommandeur den Befehl gab, auf ein sich näherndes weißes Auto zu schießen und es zu entfernen”, teilte MSF mit. Auch sei auf die Mitarbeiter, die weiße Westen mit MSF-Logo trugen, mehrfach aus nächster Nähe geschossen worden. Ihre Leichen seien bis zu 400 Meter vom Fahrzeug entfernt gefunden worden.

“Dies war weder das Ergebnis eines Kreuzfeuers noch ein tragischer Fehler. Unsere Kollegen wurden bei einem Angriff getötet, der nur als vorsätzlich beschrieben werden kann”, kritisierte Paula Gil, Präsidentin der spanischen Sektion der Organisation. Auch gab es laut MSF bisher keine transparente Aufarbeitung des Falles. “Weder MSF noch die Familien der Opfer haben vier Jahre später glaubwürdige Antworten erhalten”, so Gil.

Der Vorfall hatte 2021 weltweit Entsetzen ausgelöst: Die damalige UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet betonte: “Humanitäre Helfer und Menschenrechtsaktivisten sind Zivilisten und dürfen als solche niemals ins Visier genommen werden.”

Im Norden Äthiopiens in der Provinz Tigray begannen im November 2020 militärische Auseinandersetzungen zwischen der Tigray Volksbefreiungsfront und der äthiopischen Zentralregierung. Zwei Jahre später unterzeichneten die Kriegsparteien ein Friedensabkommen. Die Lage hat sich in den vergangenen Monaten wieder merklich verschlechtert.