Änderung des Geschlechtseintrags per Erklärung beim Standesamt
Seit Freitag gilt das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz. Trans- und intergeschlechtliche Menschen können ab sofort ihren Geschlechtseintrag und die Vornamen in amtlichen Dokumenten durch eine einfache Erklärung beim Standesamt ändern lassen. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sprach am Donnerstag in Berlin von „einem ganz besonderen Tag“ für diese Gruppe. Das in Teilen verfassungswidrige Transsexuellengesetz sei damit Geschichte, erklärte Paus.
Der Queer-Beauftragte der Regierung, Sven Lehmann, äußerte sich erleichtert. Kritik kam von der Union. Das Gesetz ist nicht nur bei Konservativen, sondern auch unter Feministinnen umstritten. Einer Umfrage zufolge befürwortet knapp die Hälfte der Bevölkerung die Reform.
Die Korrektur des Geschlechtseintrags und der Vornamen muss drei Monate vorher beim Standesamt angemeldet werden. Die Wartezeit gilt als Bedenkfrist. Bereits seit dem 1. August werden die Anmeldungen für Abgabe der Erklärungen entgegengenommen.
Lehmann erklärte, trans- und intergeschlechtliche sowie nicht binäre Menschen hätten sehnsüchtig auf das Gesetz gewartet. Das zeigten auch die hohen Anmeldezahlen bei den Standesämtern. Die Reform beende jahrzehntelange „staatliche Bevormundung und Fremdbestimmung.“ Bisher waren nach dem Transsexuellengesetz ärztliche Begutachtungen mit intimen Fragen für die Änderung des Geschlechtseintrags notwendig, was von Betroffenen als entwürdigend empfunden wird.
Auch 14- bis 17-Jährige können den Geschlechtseintrag mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten ändern lassen. Bis zum Alter von 14 Jahren können Eltern eine solche Erklärung abgeben, nicht aber gegen den Willen des Kindes. Nach Ablauf eines Jahres kann der Eintrag wieder geändert werden.
Die stellvertretende Unions-Fraktionschefin Dorothee Bär (CSU) bezeichnete das Gesetz mit Blick auf den Kinder- und Jugendschutz als unverantwortlich. Die wenigsten Jugendlichen fühlten sich während der Pubertät in ihrem Körper wohl, sie söhnten sich mit ihrem Geburtsgeschlecht aber später wieder aus, erklärte sie. Mit einer jährlichen, voraussetzungslosen Änderungsmöglichkeit des Geschlechtseintrags sei die Ampel-Koalition über das Ziel hinaus geschossen, sagte Bär der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Donnerstag).
Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zufolge befürwortet knapp die Hälfte der Bevölkerung die Reform. 47 Prozent heißen demnach das Gesetz gut, 37 Prozent lehnen es ab. 16 Prozent machten keine Angabe. Unter Frauen zeigt sich den Umfrage-Ergebnissen zufolge mit 51 Prozent eine etwas höhere Zustimmung als unter Männern mit 43 Prozent.
Die Werte unterschieden sich auch in den Altersgruppen: Bei den 25- bis 34-Jährigen sei eine positive Haltung zum Selbstbestimmungsgesetz am häufigsten (63 Prozent), gefolgt von den 18- bis 24-Jährigen (56 Prozent), hieß es. Der niedrigste Wert wurde mit 39 Prozent bei den 45- bis 54-Jährigen verzeichnet. Von den über 55-Jährigen waren 44 Prozent für die Reform und 40 Prozent dagegen. Für die Umfrage wurden Ende Oktober 2.028 Menschen online befragt. Die Stichprobe sei quotiert nach Alter, Geschlecht und Region, hieß es.