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Älteste Kirchenorgel der Welt erklingt wieder im Heiligen Land

Kreuzfahrer brachten sie einst ins Heilige Land. Die wohl älteste existierende Kirchenorgel begleitete einst die Liturgie in Bethlehem, war Jahrhunderte verschollen – und wird jetzt wieder restauriert.

Es ist die vermutliche älteste Kirchenorgel der Welt: Vor 800 Jahren war sie in der Geburtsbasilika von Bethlehem im Einsatz – und am Dienstag wieder in Jerusalem zu hören. Mit einem Klang, der auch Experten begeisterte.

Französische Kreuzfahrer hatten das damals in Europa aufkommende avantgardistische Kircheninstrument ins Heilige Land gebracht und mehrere Jahrzehnte lang im Gottesdienst benutzt. Als dann Sultan Saladin Ende des 12. Jahrhunderts gegen die Kreuzfahrer vorrückte und diese das Land verließen, wurde es versteckt. Die Christen vergruben es unweit der Geburtsbasilika, um es eventuell später wiederverwenden zu können.

Aber dort blieb es verborgen, bis es per Zufall 1906 beim Bau eines neuen Gästehauses der Franziskaner wiederentdeckt wurde. Die Behälter mit 222 teils exzellent erhaltenen Bronzepfeifen wurden samt 13 dazu gehörenden Glocken in die Franziskaner-Kostodie nach Jerusalem gebracht. Und dort blieben sie unbeachtet für weitere hundert Jahre. Bis die Ordensleute sich ihres Schatzes besannen und zu Beginn dieses Jahrzehnts das Restaurierungsprojekt der Bethlehem-Orgel starteten.

Beauftragt wurde der spanische Musikwissenschaftler David Catalunya, der zusammen mit dem Terra-Santa-Museum der Franziskaner unter Pater Stephane Milovitch und dem Madrider Musikinstitut ICCMU das aufwendige Forschungs- und Restaurierungsprojekt vorantrieb. Die Pfeifen wurden gereinigt, genau vermessen, teilweise restauriert. Etliche Pfeifen waren so gut erhalten, dass man heute wieder einen mittelalterlichen Ton erzeugen konnte.

Dazu hatte Catalunya, der eine Zeit lang auch an der Universität Würzburg war, 16 Pfeifen für zwei Oktaven ausgewählt, mit einer Art Tastatur verbunden und an eine moderne Windanlage angeschlossen. Bei der Präsentation in der Eingangshalle der Franziskaner-Kustodie spielte er die Melodie des Cantus “Benedicamus Domino Flos filius”, der im 11. Jahrhundert in Bethlehem gesungen wurde.

Die Orgel wurde damals zur Begleitung des Gesangs, etwa eines Chores eingesetzt, konnte in der Liturgie aber auch reine Instrumentalteile bestreiten. Die Premiere der alten Orgel begeisterte Ordensleute, Vertreter christlicher Einrichtungen und Medienleute. Der Klang war stark, fundiert, vergleichbar einem modernen Principal-Register, meinte ein Experte.

Freilich wird die Restaurierung der Bethlehem-Orgel noch längere Zeit weitergehen. Zur Präsentation wurden die 222 Pfeifen zwar in einer Orgel-Lade aufgestellt, aber sie sind noch nicht bespielbar. Für jeden Ton gab es in dem mittelalterlichen Instrument 19 Pfeifen, die sein Volumen verstärkten und eine vielfältige Klangfarbe mit Übertönen erzeugten. Und auch diese Klangfülle wollen die Forscher zusammen mit den Franziskanern wiederfinden, rekonstruieren und dann präsentieren.

Die einzigartige Bethlehem-Orgel soll künftig ihren Platz im neuen historischen Museum der Franziskaner im Kustodie-Komplex direkt am New Gate der Jerusalemer Altstadt finden. Dort kann sie dann zusammen mit anderen Schätzen aus dem kulturellen Erbe des Landes betrachtet werden. Dieses Museum solle, neben dem bereits bestehenden archäologischen Museum des Ordens inmitten der Altstadt, eine Brücke zwischen den Religionen und Völkern schlagen, hieß es bei der Präsentation. Und es soll damit den universalen wie christlichen Charakter der Heiligen Stadt unterstreichen.