Ob ein Tag mit 34 Grad, blauem Himmel und Sonne satt die beste Wahl für einen Wandertag im Harz ist? Auf dem Hinweg hatte ich so meine Zweifel. Reicht das Wasser, gibt es auch schattige Abschnitte. Immerhin sind die 50er- Sonnencreme, eine Kopfbedeckung und die Sonnenbrille an Bord – wird schon schiefgehen.
Meine Ausflugswahl ist auf den Liebesbankweg rund um den Bocksberg ab Hahnenklee gefallen. Zum einen haben wir in Niedersachsen das kleinste Team, da wollte ich unterstützen, zum anderen habe ich meinen Mann im Gepäck, wir wollen die Tour auch ein bisschen als Vorbereitung auf unseren Wanderurlaub in Österreich nutzen.
So sehen “echte” Wanderprofis aus
Am Parkplatz angekommen, treffen wir auf die ersten anderen Wanderer, ein älteres Ehepaar, ausgestattet mit Wanderstöcken und Trekkingkleidung – wir müssen wohl noch etwas nachrüsten. Wir grüßen freundlich und fahren dann mit dem kleinen, alten Sessellift erst mal auf den Berg. Da die Wanderung ein Rundweg ist, können wir an mehreren Stellen einsteigen. Erst mal von oben den Ausblick genießen und dann losgehen erscheint uns sinnvoll.
Aus dem Lift sind schon ein paar der Angebote zu sehen, die es am Bocksberg gibt: Zwei Sommerrodelbahnen und mehrere Mountainbike-Strecken versprechen Spaß. Oben angekommen, schauen wir uns um, checken noch kurz die Rucksäcke … „Entschuldigung.“ Neben uns steht ein älterer Herr in Trekkingkleidung. „Darf ich Sie etwas fragen?“ „Ja, klar“, antworten wir verwundert. „Wir haben ja eben neben Ihnen geparkt. Sind Sie jetzt so schnell hier hochgelaufen?“ Wir müssen lachen und beruhigen den Mann, der mit seiner Frau die kleine Gondelbahn genommen hat. „Nein, wir sind mit dem Sessellift gefahren.“ Erleichtert strahlt er uns an und wünscht einen schönen Tag.

Motiviert, weil unsere Erscheinung scheinbar sportlich ist, laufen wir los. Vorbei an einer Tubingbahn, einer Zipline und dem Spaßpark geht unsere Route rechts ab von der kleinen Straße. Ein kleiner Pfad führt den Berg hinunter.
Wir folgen den weißen Hinweisen mit dem kleinen roten Herzsymbol. Vorbei an Baumstämmen, wilden Pflanzen und lilafarbenen Blumen bis zu einigen Kunstobjekten. Ein großes rotes Herz thront auf einem Holzpfahl, daneben eine Bank mit zwei herzförmigen Sitzflächen vor einem Schild. „Marmor, Stein und Eisen … Alles bricht, nur nicht die Liebe …!“ steht darauf. Es weist auf den Marmorblock, den Stein mit Riss und das abgebrochene Stück Metall, die daneben liegen. Die Kunst am Wegesrand zaubert mir ein Lächeln aufs Gesicht. Ich strahle meinen Mann an, der so bereitwillig mit mir den Weg geht – nicht nur diesen, sondern schon so viele, seit so vielen Jahren…

Wir kommen an einem See entlang, die Vögel zwitschern, die Grillen zirpen und wir entdecken Holzschilder, die rund um neu gepflanzte Bäume stehen. Auf ihnen stehen Botschaften zu Hochzeitstagen von Menschen. Die Natur drum herum sprießt und gedeiht. Wenn die Bäume einmal groß sind, spenden sie hier Schatten.
An einer Weggabelung steht eine Holzbank mit Blick auf einen weiteren See. Wir setzen uns, machen Rast und beobachten zwei Hunde beim Baden. Weiter geht es durch dichteren Wald, wo es mehr Schatten gibt.
Eine kühle Kirche erkunden
Wir kommen an die Stabkirche von Hahnenklee-Bockswiese. Am Berghang im Wald gelegen, fällt die Holzkirche sofort auf und erinnert an Norwegen. Am 28. Juni 1908 wurde sie nach zehn Monaten Bauzeit geweiht. Zusammen mit anderen Neugierigen gehen wir hinein. „Hier ist es ja schön kühl“, bemerkt mein Mann. Dann beginnt plötzlich eine Art Kirchenführung aus den Lautsprechern, der wir in einer Bankreihe lauschen. Ich kaufe den kleinen Kirchenführer, verstaue ihn als Andenken in meinem Wanderrucksack, und wir gehen weiter. Immerhin müssen wir den Berg ja wieder hoch, um die Runde ordnungsgemäß zu beenden.

Weiter geht es durch den Wald. Hier und da treffen wir nun auf die Mountainbiker, die den Berg runtersausen. Die kleinen rot-weißen Symbole zeigen uns, dass wir richtig sind. Hinter einer Kurve steht sie dann: die Liebesbank. Unzählige Vorhängeschlösser mit Namen und Daten sind rechts und links angebracht, und auch in das Holz haben Menschen ihre Namen als Zeichen der Liebe eingeritzt. Wir machen ein Foto, schauen an der nächsten Bank noch einmal über die weite Landschaft und holen uns den Wanderstempel des Liebesbankwegs als Erinnerung.
Oben angekommen, trinken wir in der Wirtschaft erst mal eine große Schorle. Ich schaue meinen Mann an, er lächelt. Obwohl er, als ich von einer Überraschung für diesen Tag sprach, sicher war, dass wir zum Billy Idol-Konzert fahren.
