Abschied von der Schöpfung
In ihrem Roman „Keller“ lässt Christina Friedrich ihre Heldin tief hinabsteigen. In einem Keller trifft sie auf Tod und Schrecken – ein Buch voller kunstvoller Sprache.
Ein Keller als Ort der Begegnung rückt diese gleich in ein trübes Licht. Zu nah sind die Assoziationen, die vom Keller zum Verlies oder gar zur Grabkammer führen. Doch ist die Begegnung für die „Heldin“ in dem Roman von Christina Friedrich eine wundersame Prägung, die ihr als Kind widerfährt und ihr weiteres Leben von den Anfängen der DDR bis in die Tage der Wende strukturiert.
Das Mädchen, das von den Erwachsenen in den Keller geschickt wird, um vom Eingemachten heraufzuholen, trifft hier auf die Spuren eines im Bombenangriff auf das thüringische Nordhausen umgekommenen Mädchens. Auf diese Konfrontation mit dem Tod und dem Schrecken reagiert die „Heldin“ mit einer seelischen Anverwandlung.
Mythologisch eingefärbte Schöpfungsgeschichte
Weit entfernt vom Genre des fantastischen Romans erzählt Christina Friedrich in kunstvollen sprachlichen und szenischen Übergängen von einer Wirklichkeit in eine andere. Das Mädchen erlebt die Kindheit in der DDR, das Leugnen der NS-Vergangenheit, die mit der beruflichen Entwicklung verbundene Repression im totalitären System, unglückliche Beziehungen und gar einen Abort.
Die eingelassenen Märchenmotive, biblischen Geschichten und Elemente aus der im Gottesdienst erfahrenen liturgischen Sprache deuten dieses Erleben. Dem erzählerischen Ganzen liegt eine mythologisch eingefärbte Schöpfungsgeschichte zugrunde, in der Gott in den sechs Tagen seines Schaffens umso menschlicher und berührbarer wird, je mehr er sich dabei auf seine Partnerin, die Geistin, einlässt.
Gott nimmt am Ende schmerzlich Abschied von seiner Schöpfung, die „Heldin“ ist am Ende des Romans wieder bei ihrer Familie, um hier ihr Kind zur Welt zu bringen.
Christina Friedrich: Keller.
S. Marix Verlag 2021, 374 Seiten, 22 Euro.
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