Abgeordnete dringen auf Straffreiheit bei Abtreibungen
Die hitzige Debatte um die Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen läuft seit Monaten. Eine Gruppe Abgeordneter will die letzte Chance in dieser Legislaturperiode nutzen und hat einen Gesetzentwurf vorgelegt.
In die festgefahrene Debatte um den Umgang mit Schwangerschaftsabbrüchen kommt wider Erwarten doch noch Bewegung. Eine Gruppe Abgeordneter von SPD und Grünen präsentierte am Donnerstag einen Gesetzentwurf sowie Antrag, um noch vor den Neuwahlen im Februar eine Änderung der Abtreibungsregeln zu erreichen. Auch von der Gruppe der Linken gibt es Unterstützer. “Wir möchten einen Gesetzentwurf machen, der anschlussfähig ist für alle in diesem Haus”, sagte die SPD-Abgeordnete Carmen Wegge bei der Vorstellung des Entwurfs.
Kern des “minimalinvasiven Vorschlags” sei es, Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetz herauszunehmen. Das erleichtere Ärzten und ungewollt Schwangeren den Umgang damit. Stattdessen sollen Abbrüche bis zur zwölften Woche, nach einer Vergewaltigung oder aber nach einer medizinischen Indikation künftig “rechtmäßig und straffrei” sein und im Schwangerschaftskonfliktgesetz geregelt werden. “Wir entkriminalisieren Frauen”, so Wegge.
Beibehalten will der Entwurf die Beratungspflicht. Ein Abbruch soll also weiterhin nur möglich sein nach einer Beratung, jedoch ohne die derzeit geltende Wartezeit von drei Tagen. Die Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs sollen künftig von der Krankenkasse übernommen werden. “Der Schutz des ungeborenen Lebens steht weiterhin an erster Stelle”, bekräftigte Wegge. Derzeit gebe es bereits 236 Unterzeichner des Gesetzentwurfs.
Die SPD-Abgeordnete Leni Breymaier ergänzte, dass der Entwurf sowie ein zusätzlicher Antrag zur Versorgungslage ungewollt Schwangerer in drei Wochen auf der Bundestagstagesordnung stehen und noch im Januar verabschiedet werden könne. “Wir haben in Eile gehandelt”, so Breymaier. Die Grünen-Abgeordnete Ulle Schauws betonte, dass die derzeitige Regelung dringend geändert werden müsse. Auch Kollegen von FDP und Union sähen diese Notwendigkeit. “Heruntergekocht”, so Schauws, glaube sie, dass dem Entwurf viele zustimmen könnten.
In Deutschland sind Schwangerschaftsabbrüche laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs rechtswidrig. Abtreibungen in den ersten zwölf Wochen bleiben aber straffrei, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt. Ebenso straffrei bleibt der Eingriff aus medizinischen Gründen oder nach einer Vergewaltigung. Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission hatte im April Empfehlungen für eine Liberalisierung der Abtreibung vorgelegt und sich dafür ausgesprochen, dass entsprechende Gesetz aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.
Heidi Reichinnek von der Gruppe Die Linke nannte den Vorstoß “einen Schritt in die richtige Richtung”. Abbrüche müssten Teil der Gesundheitsversorgung werden und es brauche eine bessere Versorgung vor allem in der Fläche. “Ich erwarte jetzt, dass diese Forderungen von allen demokratischen Parteien, die hier im Bundestag vertreten sind, unterstützt werden und wir hier eine Mehrheit finden.”
Kritik kam indes aus der Union. Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), es sei “falsch und bewusst irreführend, wenn von einer angeblichen Kriminalisierung der Schwangeren oder der Ärzte die Rede ist”. Das geltende Recht stelle den Abbruch unter einfachen Voraussetzungen ausdrücklich straflos. Daher bleibe der Entwurf jede Erklärung schuldig, wie auch nur ein minimaler Schutzanspruch für das ungeborene Kind gewährleistet werden solle. “Man kann eine solche Frage nicht im Adhoc-Verfahren durch den Bundestag peitschen”, so Winkelmeier-Becker.