3sat-Doku über den Umgang mit dem Tod

Das Tabu ums Ende menschlichen Lebens ins Licht gerückt – eine zweiteilige 3sat-Dokumentation zeigt ein aktuelles Bild vom gesellschaftlichen Umgang mit Sterben, Tod und Trauer.

„Abends glücklich einschlafen und morgens tot wieder ‚aufwachen'“ – so beschreiben viele augenzwinkernd die Idealvorstellung vom Ende ihres Lebens. Doch wie sehr unterscheidet sich dieser Wunsch von der Realität? Ein aktuelles Bild vom gesellschaftlichen Umgang mit Sterben, Tod und Trauer zeigen in zweimal 45 Minuten hintereinander die 3sat-ZDF-Dokumentarfilme „Tabu Tod“ am 27. März. „Sterben heute“ (20.15 Uhr) und „Abschied und Trauer“ (21.00 Uhr) rücken in der Karwoche das Tabu um das Ende menschlichen Lebens ins Licht.

Beschwerden lindern, Zuwendung geben und Ängste nehmen – das sind Ziele im Palliativ-Zentrum der Uni-Klinik Homburg (Saarland), einer von 350 Palliativ-Stationen bundesweit. „Wir sterben so, wie wir gelebt haben, und auch im Leben sind wir alle total unterschiedlich“, erklärt im ersten Film Chefarzt Sven Gottschling.

Seit einer Woche ist Karl M. (82) Patient in diesem altersübergreifenden Zentrum – er hat Prostata-Krebs. Palliativ-Patienten leiden an unheilbaren, fortschreitenden Erkrankungen. Eine heilende Therapie ist nicht mehr möglich, und die Lebenserwartung ist laut Gottschling begrenzt auf wenige Monate, Wochen oder Tage.

Der Wunsch nach „glücklich einschlafen und tot wieder ‚aufwachen'“ erfüllt sich laut dem Palliativ-Mediziner bei gerade einmal 10 bis 15 Prozent der Menschen. Für alle anderen möchte der 52-jährige Chefarzt nur im Notfall Apparate-Medizin einsetzen; vielmehr möchte er individuellen Wünschen gerecht werden, Menschen zuhören, Gespräche führen und die Angehörigen mit einbeziehen.

Anders als im Hospiz für Erwachsene, kommen ins Berliner Kinder- und Jugend-Hospiz „Sonnenhof“ die jungen Menschen nicht in der letzten Lebensphase. Sie besuchen den Sonnenhof immer wieder einmal, um sich zu erholen und mit ihren Einschränkungen umgehen zu lernen. So geht es auch Anni, die durch Sauerstoffmangel bei der Geburt schwer eingeschränkt ist, im Rollstuhl sitzt und über einen Sprachcomputer kommuniziert.

Ambulante Palliativ-Betreuung hingegen erfährt der Münchner Maximilian Schulz. Er leidet seit seinem sechsten Lebensjahr an einer schweren chronischen Rheuma-Erkrankung. In seiner Wohnung wechseln sich seine Betreuer im 24-Stunden-Rhythmus ab. Der 37-jährige Student beschäftigt sich intensiv mit aktiver Sterbehilfe und beteiligt sich auch an der Debatte im Bundestag. Denn er möchte sein Lebensende selbst bestimmen.

Bundesweit haben die Filmemacherinnen Daniela Agostini und Jana von Rautenberg zum Thema Sterben und Tod recherchiert: Wie und wo möchten wir heutzutage sterben? Was passiert beim Sterbeprozess? Wie steht es um die Kultur der Sterbebegleitung?

Die Autorinnen und Regisseurinnen greifen auch die aktuellen Debatten um Sterbekultur in Deutschland, Österreich und in der Schweiz auf. „Für mich sind es sehr persönliche Filme, da ich vor 17 Jahren meinen Mann und Vater unseres Sohnes an Krebs verloren habe“, erklärt von Rautenberg. Und Agostini ergänzt: „Unsere Motivation war, ein aktuelles Bild zu zeigen – und sich mit Sterben und Tod mitten im Leben zu beschäftigen“.

Die beiden Dokumentationen sind aktuell und aufschlussreich und zeigen interessante Wege im Umgang mit dem Tabu-Thema Tod auf. So stellen sie im zweiten Beitrag einen „Letzte-Hilfe-Kurs“ vor, bei dem Menschen lernen, Sterbende zu begleiten. Entwickelt wurde das Konzept vor zehn Jahren in Norwegen, hierzulande ist es noch wenig bekannt. Palliativ-Schwester Andrea Gerstner leitet einfühlsam so ein Tagesseminar in Oberbayern. Für sie steht fest: „Mut und Angst beginnt im Kopf, und wenn man Fachwissen hat, dann gewinnt man den Mut und verliert die Angst vor dem Thema“.