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100 Jahre Rolltreppe – vom Technik-Wunder zur Dauer-Baustelle

Als 1925 im Kaufhaus Tietz in Köln die bundesweit erste Rolltreppe lief, reisten eigens Menschen an, um sie zu bestaunen und auszuprobieren. Heute sind sie Teil des Alltags – und ein Ärgernis, wenn sie defekt sind.

Im Jahr 2025 transportieren in deutschen Großstädten tausende Rolltreppen Menschen auf und ab: Sie sind Teil des Alltags. In der Millionenstadt Köln etwa betreuen allein die Kölner Verkehrs-Betriebe 264 Fahrtreppen – so der offizielle Name – allerdings sind davon im Juli mehr als zwei Dutzend defekt und außer Betrieb, vier allein am Knotenpunkt Friesenplatz.

Während heute das Nicht-Funktionieren von Rolltreppen gerade für mobilitätseingeschränkte Personen ein Ärgernis ist, war die Rolltreppe vor 100 Jahren allerdings ein absolutes Novum. Die deutschlandweit erste selbstfahrende Treppe wurde 1925 in Köln in Betrieb genommen, im Kaufhaus Tietz. Heute ist in dem Gebäude an der Hohen Straße das Nachfolgeunternehmen Galeria Karstadt Kaufhof beheimatet. Das jüdische Unternehmen Tietz wurde während der Nazi-Zeit enteignet.

Nach Angaben des Kölnischen Stadtmuseums entwickelte sich die erste Rolltreppe Deutschlands damals zum “letzten Schrei”. Viele Menschen seien eigens angereist, um das Wunder der Technik zu bestaunen. Einbauen ließ sie der Kaufmann Alfred Leonhard Tietz. Schon sein Vater Leonhard Tietz, der Unternehmensgründer, war dem Museum zufolge mehr als aufgeschlossen gegenüber dem technischen Fortschritt. Er habe den Kunden seiner Kaufhäuser den Einkauf zunächst mit einem innovativen Personenaufzug erleichtert. “Die Rolltreppe aber kann weit mehr Kauflustige in kürzerer Zeit transportieren – und macht den ‘Liftboy’ überflüssig”, heißt es vom Museum für die Geschichte der Domstadt.

Erfunden wurde die Rolltreppe zuerst als “geneigter Fahrstuhl” (“Inclined Elevator”) in den USA vom Ingenieur Jesse Reno. Sie lief nach Angaben des Aufzug- und Fahrtreppen-Herstellers Schindler 1895 als Attraktion im Vergnügungspark auf der Halbinsel Coney Island vor New York. Allerdings sei das eher ein Personenfahrsteig gewesen.

Als eigentlicher Erfinder der Rolltreppe, wie man sie heute kennt, gelte George Wheeler, der wenige Monate nach Reno sein Patent eingereicht habe. Ein Personentransportband nach seinen Plänen konnte laut Schindler bereits 1893 im New Yorker Bahnhof Cortlandt Station in Betrieb genommen werden. Die Meinungen waren allerdings gespalten: Die einen sprachen von Menschen, die wie “Kisten, Kartons oder Vieh” transportiert werden würden, andere von einem “Endlosband der Moderne”.

Noch heute bewegen Rolltreppen die Massen, täglich weltweit hunderte Millionen Menschen. Sie sind nicht nur an Bahnhöfen und in Kaufhäusern, sondern auch an vielen anderen öffentlichen Orten selbstverständlich. Gewahr werden sie den meisten aber erst, wenn sie nicht funktionieren.

Wie in Köln: 2024 gab es einem Bericht des “Kölner Stadtanzeigers” zufolge knapp 11.000 Störungen an den Treppen; fast 2.800 davon waren auf Vandalismus zurückzuführen. Auch andere Städte haben dieses Problem: Einem Münchener Lokalsender zufolge sind die Rolltreppen am dortigen Hauptbahnhof ein “verlässliches Ärgernis für Reisende” – in Berlin, Frankfurt, Hamburg und anderen Metropolen sieht es ähnlich aus.

Ursachen für Defekte und lange still stehende Rolltreppen gibt es viele: Neben dem Vandalismus sind das nach Angaben der Kölner Verkehrsbetriebe etwa das Warten auf Ersatzteile, Gegenstände wie Plastiktüten oder Steinchen, die in die Rolltreppe gelangen, oder schlicht Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten an den Fahrtreppen.

In der Domstadt setzen die Verkehrsbetriebe unter anderem auf die Erneuerung von Rolltreppen und eine digitale Aufzeichnung von Stördaten. An der Kölner Hohen Straße im Galeria-Kaufhaus rollen die Treppen derweil – fast – reibungslos; allerdings nicht mehr die Originale von 1925.