„Turbokrebs“ und kein Ende

Nach wie vor erreichen uns empörte Nachrichten zu einem gelöschten „Turbokrebs“-Artikel. Das Angebot unserer Redaktion: Liefert wissenschaftlich fundierte Fakten, dann können wir reden.

Dr. Matthias Gülzow ist Geschäftsführer des Evangelischen Presseverbandes Norddeutschland und einer der drei Herausgeber:innen von www.evangelische-zeitung.de
Dr. Matthias Gülzow ist Geschäftsführer des Evangelischen Presseverbandes Norddeutschland und einer der drei Herausgeber:innen von www.evangelische-zeitung.deStudioline

Nach Angaben der Bundesärztekammer waren 2022 in Deutschland 421.000 berufstätige Ärzt:innen zugelassen. Drei von Ihnen hatte ein epd-Artikel zitiert und darin einen Zusammenhang zwischen der Corona-Impfung und einem schnellen und tödlichen Verlauf von Krebserkrankungen suggeriert. Die Gegenposition kam schlicht nicht angemessen vor. Wir zogen den Artikel zurück – und es brach ein Sturm der Entrüstung los, der sich bis heute nicht vollständig gelegt hat. Darauf hin haben wir eine Art Wette ausgelobt: Wenn uns irgendjemand eine Quelle zukommen lässt, in der nach gängigen wissenschaftlichen Standards der Zusammenhang zwischen einer Corona-Impfung und dem Verlauf von Krebserkrankungen zukommen lässt, dann berichten wir natürlich darüber.

Zwei Arten von Reaktionen erreichen uns bis heute: Wilde Pöbeleien. Verdächtigungen, welche dunklen Mächte uns gezwungen hätten, den Artikel zurückzuziehen. Und immer wieder höfliche, aber bestimmte Einlassungen von Menschen, die wissenschaftliches Denken für sich in Anspruch nehmen – auch viele Professor:innen. Wir versuchen, allen zu antworten. Besonders rätselhaft bleibt die letzte Gruppe. Immer wieder fragen wir: Schickt uns doch einen einzigen echten Beleg für eure Thesen!

Immer wieder wilde Spekulationen aus zweifelhaften Internetquellen

Und dann kommen Quellen, die schon beim schnellen Hinsehen den Kriterien nicht entsprechen. Untersuchungen ohne Kontrollgruppe, Artikel aus Zeitschriften ohne normale Qualitätsstandards und immer wieder wilde Spekulationen aus zweifelhaften Internetquellen. Und darauf angesprochen, sagen die Absender: Stimmt – die Quelle ist nicht ausreichend und wir haben auch keine bessere. Interessant aber: Es ändert nichts an der Position der Impfgegner aus den verschiedenen Lagern. Offenbar braucht es keine Belege für ihre Auffassung und auch die Professor:innen sind nicht bereit, ihre Meinung zu ändern, wenn sie widerlegt werden. Frei nach dem bekannten Leitspruch aus dem Marketing: Fakten verwirren.

Was tun? Christian Drosten scheint ähnliche Erfahrungen zu machen und signalisiert vor einigen Tagen auf dem World Health Summit deswegen: Ich habe keine Lust mehr auf diese Auseinandersetzung. Das ist verständlich, kann aber natürlich nicht die Lösung sein. Nachdem wir also bisher keine Quelle für einen Zusammenhang zwischen Impfungen und Turbokrebs gefunden haben suchen wir nun neu: Nach Quellen für einen konstruktiven Dialog, bei dem alle Partner sich auf Kriterien für die Diskussion verständigen und bereit sind, ihre Meinung zu ändern, wenn sie widerlegt werden.

Lesen Sie auch den Text: „Spikeopathie“: Ist die Corona-Impfung gefährlicher als die Krankheit selbst? unseres Partnermediums Berliner Zeitung