Staatsgerichtshof: Landesregierung muss keine Vornamen nennen

Der niedersächsische Staatsgerichtshof hat entschieden, dass das Innenministerium in Hannover nicht die Vornamen von Verdächtigen der Krawalle in der Silvesternacht 2022/23 an die Abgeordneten des Parlaments herausgeben muss. Mit seinem am Donnerstag verkündeten Urteil wies das in Bückeburg ansässige Gericht den Antrag des AfD-Landtagsabgeordneten Stephan Bothe gegen die Landesregierung wegen einer angeblichen Verletzung des Frage- und Informationsrechts aus Artikel 24 der niedersächsischen Verfassung zurück.

In der fraglichen Silvesternacht war es in Niedersachsen an mehreren Orten zu Übergriffen auf Einsatzkräfte gekommen. Die Landesregierung teilte dazu im Landtag unter anderem mit, dass im Zusammenhang mit den Ausschreitungen 35 Tatverdächtige ermittelt worden seien, darunter 19 Personen mit ausschließlich deutscher Staatsangehörigkeit. Bothe hatte mit einer Kleinen im 27. Februar 2023 von der Landesregierung Auskunft über die Vornamen dieser 19 Tatverdächtigen verlangt.

Die rot-grüne Landesregierung lehnte die Nennung der Vornamen unter Verweis auf die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen und die geltende Unschuldsvermutung jedoch ab. Darin sah Bothe eine Verletzung seines verfassungsrechtlichen Frage- und Informationsrechts. Mit seinem Antrag an den Staatsgerichtshof begehrte er die Feststellung dieser Rechtsverletzung.

Nach dem Gerichtsurteil hat die Landesregierung das Auskunftsrecht Bothes aber nicht verletzt. Sie sei berechtigt gewesen, die Nennung der Vornamen zu verweigern. Angesichts der bereits in der Öffentlichkeit bekannten Informationen zu den Geschehnissen in der Silvesternacht 2022/2023 hätte die konkrete Gefahr bestanden, dass einzelne Personen identifiziert werden könnten, wenn die Vornamen im Parlament bekanntgegeben worden wären. Ein so schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte sei nur gerechtfertigt, wenn besondere Umstände vorlägen, entschied das Gericht.

Vertreter der rot-grünen Regierungskoalition in Niedersachsen reagierten erfreut auf die Entscheidung des Staatsgerichtshofs. Innenstaatssekretär Stephan Manke (SPD) sagte, er sehe durch die Entscheidung der Bückeburger Richter die Rechtsauffassung der Landesregierung vollständig bestätigt. Die Frage- und Informationsrechte der Landtagsmitglieder seien wichtige demokratische Instrumente. Zugleich sehe die Verfassung jedoch ausdrücklich vor, dass Informationen nicht weitergegeben werden dürften, wenn schutzwürdige Interessen Dritter durch die Auskunft verletzt würden.

Nach den Worten der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anne Kura zielte die AfD mit ihrer Frage nach den Vornamen von Tatverdächtigen vor allem darauf ab, „rassistische Vorurteile zu schüren“. Die Antwort hätte keinen belastbaren Erkenntnisgewinn zur fraglichen Silvesternacht gebracht. Weil die AfD die Preisgabe der Vornamen ersichtlich deswegen begehrt habe, um die politische Debatte anzuheizen, sei auch eine vertrauliche Unterrichtung im Landtag nicht infrage gekommen.