Papst für engere Kontakte mit Anglikanern – Welby: “Ermutigung”

Erstmals veranstalten die Leiter der 38 anglikanischen Kirchenprovinzen ihr Primas-Treffen in Rom. Dabei sprachen sie mit Papst Franziskus über die Beziehungen beider Konfessionen – von Antipathie zu Freundschaft.

Papst Franziskus hat die Leiter der weltweit 38 anglikanischen Kirchenprovinzen zu einem einstündigen Gespräch empfangen. Dabei betonte er, die Zusammenarbeit mit der anglikanischen Kirche weiter vertiefen zu wollen. “Der Herr ruft jeden von uns auf, ein Baumeister der Einheit zu sein, und auch wenn wir noch nicht eins sind, darf uns unsere unvollkommene Gemeinschaft nicht daran hindern, gemeinsam zu gehen”, sagte er am Donnerstag im Vatikan. Die leitenden Geistlichen der anglikanischen Weltgemeinschaft halten seit Montag erstmals ihre zentrale Zusammenkunft, das sogenannte Primas-Treffen, in Rom ab.

“Es wäre ein Skandal, wenn wir aufgrund von Spaltungen unsere gemeinsame Berufung nicht realisieren würden, Christus bekannt zu machen”, sagte Franziskus. Er rief dazu auf, keine Angst vor Diskussionen zu haben. Die katholische und die anglikanische Kirche müssten versuchen, einander zu verstehen, und auf den Heiligen Geist zu hören. “Gewiss, die göttliche Perspektive wird niemals die von Spaltung sein, niemals die von Trennung, Unterbrechung des Dialogs, niemals”, so der Papst.

Das Treffen mit dem Papst sei für die Primasse eine Zeit tiefer Ermutigung gewesen, teilte die Anglikanische Gemeinschaft im Anschluss mit. Während seiner gesamten Amtszeit habe Franziskus die Christen immer wieder aufgerufen, der Einheit der Kirche Vorrang zu geben.

Das Oberhaupt der anglikanischen Gemeinschaft, Erzbischof Justin Welby von Canterbury, nannte die Worte des Papstes “eine wunderschöne Ansprache rund um die Natur von Einheit und Synodalität und die Rolle des Heiligen Geistes im Leben der Kirche”. Das Primas-Treffen sei damit “zu einem Moment in der Geschichte geworden, in dem wir die Enge unserer Beziehung zu Rom auf pastoraler, missionarischer und spiritueller Ebene gesehen haben”, sagte Welby. “Das zeigt die Fortschritte, die wir im vergangenen halben Jahrhundert von echter Antipathie hin zu tiefen Freundschaftsbanden weltweit erzielt haben.”

Organisiert wurde das Primas-Treffen, das etwa alle zwei Jahre stattfindet, vom Anglican Centre (ACR) in Rom. Die Verbindungsstelle zwischen der anglikanischen Gemeinschaft und dem Vatikan arbeitet an gemeinsamen Projekten für Bildung, Ökumene und gemeinsamer Mission. Geleitet wird es von Erzbischof Ian Ernest, persönlicher Vertreter des Erzbischofs von Canterbury beim Heiligen Stuhl.

Aufgrund seiner historischen und spirituellen Bedeutung für die gesamte christliche Welt fand das Primas-Treffen in Rom statt. Papst Gregor der Große schickte Augustinus von Canterbury im Jahr 597 auf Mission nach England. Vor allem seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) ist Rom ein Zentrum interchristlicher Begegnung und ökumenischer Forschung.

Für Welby war es bereits das zweite Zusammentreffen mit dem Papst in diesem Jahr. Ende Januar hatte es ein anglikanisch-katholisches Treffen in Rom und Canterbury mit rund 50 Bischöfen aus 27 Ländern gegeben. Dabei setzten Papst Franziskus und Welby ein starkes ökumenisches Signal: Am Grab des Apostels Paulus in Sankt Paul vor den Mauern beauftragten sie katholische und anglikanische Bischöfe paarweise, Zeugen der Einheit zu sein. Die anglikanische Weltgemeinschaft umfasst zwischen 77 und 85 Millionen Mitglieder.