Menschenrechtsgericht: Italien darf antike Statue zurückfordern

Vor 60 Jahren in der Adria gefunden, gelangte der bronzene “Athlet von Fano” ins Getty-Museum in Kalifornien. Italien will ihn wiederhaben. Jetzt unterstützt der Gerichtshof für Menschenrechte die Heimholung.

Italien darf die antike Bronzestatue des “Athleten von Fano” im Besitz des Getty-Museums in Kalifornien rechtmäßig zurückfordern. Das entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am Donnerstag mit der Begründung, das Museum habe beim Erwerb des Kunstwerks, das dem griechischen Bildhauer Lysipp zugeschrieben wird, mit Blick auf die Herkunftsprüfung zumindest fahrlässig, möglicherweise auch arglistig gehandelt. Damit wiesen die Richter in Straßburg eine Beschwerde des J. Paul Getty Trust zurück, der gegen eine italienische Anordnung zur Beschlagnahme auf das Recht auf Eigentum gepocht hatte.

Der Schutz des kulturellen Erbes eines Landes gehöre zu den Zielen der Menschenrechtskonvention, betonte das Gericht. Die Rechtmäßigkeit des italienischen Vorgehens stehe nicht in Frage. Italien bemüht sich seit Jahrzehnten um die Rückgabe der Statue aus dem 4. Jahrhundert vor Christus.

Die Bronzeplastik war 1964 in der Adria von Fischern vor der Küste der Marken geborgen und an einen Unbekannten verkauft worden. 1977 erwarb der Getty Trust das Kunstwerk auf einer Auktion in München für 3,95 Millionen US-Dollar. Anschließend gelangte es in die Getty-Villa in Malibu bei Los Angeles.

Das italienische Kulturministerium bat zunächst auf diplomatischem Wege um Rückgabe und berief sich dabei auf internationale Abkommen gegen Kunstschmuggel, die auch von den USA unterzeichnet wurden. Das Getty-Museum hielt dagegen, dass die angeblichen Straftaten verjährt seien und die Museumsstiftung beim Kauf in gutem Glauben gehandelt habe.

2010 erließ das Bezirksgericht im italienischen Pesaro einen Beschluss zur Beschlagnahme der Statue, “wo auch immer sie sich befindet”. Es verwies darauf, dass die Bronze von einem unter italienischer Flagge fahrenden Schiff in internationalen Gewässern gefunden worden sei. Ein weiterer Gerichtsbeschluss 2018 erhielt die Anordnung aufrecht, das römische Kassationsgericht bestätigte sie 2019.