Katholische Frauen empört: Kirche missbraucht ihre Macht

Der “Tag der Diakonin” wird seit 1998 in Deutschland gefeiert – obwohl es in der katholischen Kirche bislang gar keine Diakoninnen gibt, nur Diakone. In diesem Zustand sehen viele katholische Frauen Machtmissbrauch.

Ein katholischer Gottesdienst, der ausschließlich von Frauen geleitet wird? Von sieben Frauen – und einem weiblichen Clown? Am Montagnachmittag war dies im hohen Dom zu Speyer Realität. Allerdings: Es war “nur” ein Wortgottesdienst – insofern taten die katholischen Frauen nach katholischer Lehre nichts Unrechtes. Doch es war ein imposantes Signal bei der zentralen Veranstaltung zum bundesweiten “Tag der Diakonin”.

Katholische Frauen brachten ihre Reformforderungen vehement zur Sprache. Repräsentantinnen katholischer Frauenverbände und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) forderten die Kirchenverantwortlichen auf, alle Dienste und Ämter in der Kirche auch für Frauen zu öffnen. Bisher sind die durch Weihe übertragenen Ämter des Diakons oder auch des Priesters Männern vorbehalten.

Die zentrale Veranstaltung hieß dieses Jahr erstmals “Tag der Diakonin +plus” und stand unter dem Motto “Lasst die Fülle zu!”. In den Gottesdienst im Speyerer Dom kamen laut Veranstalterangaben vom Dienstag mehr als 350 Menschen. Es waren meist Frauen, aber auch ein paar Männer. Am Ende applaudierten alle sehr laut. Eingeladen hatten die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB), das ZdK und das Netzwerk Diakonat der Frau.

Mit Blick auf das diesjährige Motto hieß es: “Die von Gott geschenkte Fülle an Begabungen und Berufungen von Frauen muss endlich in der römisch-katholischen Kirche anerkannt werden.” Es sei “unverständlich und nicht mehr nachvollziehbar, dass die Entscheidungsträger in unserer Kirche so lange untätig geblieben sind”, sagte Ulrike Göken-Huismann von der Geistlichen Leitung der kfd. “Es ist eine Form des Machtmissbrauchs, wenn nicht-männliche Menschen aufgrund ihres Geschlechts ausgeschlossen bleiben”, betonte Göken-Huismann.

Einige Absolventinnen der gerade zu Ende gegangenen umfangreichen Fortbildung “Diakonische Leitungsdienste für Frauen” waren in Speyer dabei. Die Absolventinnen könnten “nächsten Sonntag zu Diakoninnen geweiht werden, wenn es die Kirche nur zulassen würde”, so die Veranstalter des “Tages der Diakonin”. Es seien “berufene und bestens qualifizierte Frauen”.

Zwei der 13 Absolventinnen aus dem gesamten Bundesgebiet sprachen im Gottesdienst, darunter Beate Wittenbrink, die sich in der katholischen Kirchengemeinde Sankt Mariä Himmelfahrt in Ahaus engagiert. Sie berichtete von einem Experiment, bei dem Menschen Begriffe dafür finden sollten, was sie an ihrer Kirche beklagen und was sie sich wünschen. Es gab keine Vorgaben. Die negativen Zuordnungen lauteten etwa: Missbrauch, Überheblichkeit, Obrigkeitsdenken, Ignoranz, Vertuschung, Angst, Doppelmoral und Stillstand. Als Begriffe für die Wunschkirche wurden unter anderem genannt: Aufklärung, Toleranz, Geschwisterlichkeit, Mut, Offenheit, Diversität, Akzeptanz, Respekt, Solidarität, Freiheit und Ehrlichkeit.

Ute Zeilmann, Vizepräsidentin des KDFB-Bundesvorstands, sagte mit Blick auf den erstmaligen “Tag der Diakonin +plus”, dies weise schmerzlich darauf hin, dass in der katholischen Kirche bisher lediglich “Männern ein Plus von sakramentalem Zuspruch, bischöflicher Unterstützung und göttlichem Segen vermeintlich zusteht”. Das sei “ein Plus, das Frauen, Inter-, Trans- und nicht-binären Personen verwehrt bleibt”.

Das durch Weihe übertragene katholische Diakonen-Amt ist eines der ältesten der Kirche. Diakone dürfen taufen, verheiraten, beerdigen und predigen, aber nicht die Messfeier leiten oder Beichte hören. Den bundesweiten “Tag der Diakonin” gibt es seit 1998. Er wird immer am 29. April veranstaltet, dem Gedenktag der zur Kirchenlehrerin erhobenen heiligen Katharina von Siena (1347-1380).

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sagte Ende März, er fände es “wunderbar”, wenn er Frauen zu Diakoninnen weihen könnte. Es verfälsche nicht das Wesen der Kirche, “wenn Frauen in ihr gleichberechtigt mit Männern Leitung, Verantwortung, Entscheidungen wahrnehmen”. Die Clownin im Speyerer Dom setzte diese Hoffnung in Bewegungen um. Sie tanzte schließlich vor dem Altar zu den Worten: “Kommt zu Gott. Er wird euch aufleben lassen.” Dabei riss sie die Hände weit in die Höhe.