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Carillon lernen in Hannover: Ein Workshop für alle

Anke-Christina Müller bringt mit ihren Carillon-Workshops Musikinteressierte an die Glocken – ganz ohne Vorkenntnisse. Im Kurs geht es um Technik, Klang und Begeisterung für ein seltenes Instrument.

Anke-Christina Müller gibt regelmäßig Carillon-Workshops - Anfänger können schon nach einem Tag leichte Stücke spielen.
Anke-Christina Müller gibt regelmäßig Carillon-Workshops - Anfänger können schon nach einem Tag leichte Stücke spielen.privat

Wie alles im Leben kann man auch das Carillonspielen lernen. Anke-Christina Müller, die als Kantorin der Diakovere Stiftung-Henriettenstift in Hannover arbeitet, bietet dazu regelmäßig Workshops – und erreicht mit ihnen die unterschiedlichsten Menschen. Ein Interview.

Kann eigentlich jeder Carillonspielen lernen?
Hilfreich ist es sicherlich, wenn man schon irgendein Tasteninstrument wie Klavier oder Orgel gespielt hat und Vorkenntnisse von der Aufmachung hat. Aber im Grunde ja, jeder kann auch ohne diese Vorkenntnisse Carillon lernen. Das läuft dann wie Erstunterricht am Klavier, eben nur am Carillon.

Was heißt Erstunterricht?
Man setzt sich vor die Spielstöcke, wie die Tasten des Carillons heißen, und lernt, wie sie vom Notennamen her heißen. Dann würde man versuchen, mehrere Noten und Stock-Tasten hintereinander zu spielen.

Da heißt es dann: üben, üben, üben…
Wer ganz ohne Vorkenntnisse kommt, der muss klein anfangen und erstmal lernen, die Glocke anzuschlagen, die der Note entspricht, und sich dann an die ganzen anderen Töne herantasten.
Wer schon ein bisschen weiter ist und mit den Noten und Tasten kein Problem mehr hat, der muss die Schlagtechnik lernen. Die ist besonders, weil man mit Fäusten spielt und auch mit Füßen, wie bei der Orgel, hier am Stockspieltisch. Da macht man entsprechende Übungen, damit man die Tasten so anschlägt, dass man sich die Hände dabei nicht kaputtmacht.

Man braucht auch ziemlich Kraft, oder?
Das ist je nach Carillon unterschiedlich. Der Kraftaufwand hängt davon ab, wie weit die Glocken vom Spieltisch entfernt sind und wie lang die Verstrebungen sind, die den Klöppel in Gang setzen, der die jeweilige Glocke anschlägt. Aber man muss aufpassen, dass man die Spielstöcke nicht schlägt, sondern am Ende Musik macht. Das ist eine spezielle Technik.

Ist Carillon ein schweres Instrument? Wie viel muss man üben, bis man erste leichte Melodien spielen kann?
Erste kleine Stücke können Anfänger schon recht bald spielen, oft schon nach einem Tag. Man kann sich also recht früh über kleine Erfolge freuen. Aber das heißt nicht, dass das Carillon ein leichtes Instrument ist. Denn sobald es darum geht, mit zwei Händen zu spielen, die Füße dazu zu nehmen und mehrstimmig zu spielen, wird das Carillon wie jedes andere Instrument anspruchsvoller.

Wie kann man überhaupt üben? So ein Carillon ist ja weithin hörbar.
Mit dem großen Glockenturm im Diakovere Stiftung-Henriettenstift in Hannover ist man immer auf Sendung, das stimmt. Bei unseren Workshops hier gibt es deswegen drei Übungsspieltische, die genauso aufgebaut sind wie der echte. Denn wir können hier im Krankenhausbereich natürlich nicht den ganzen Tag laut üben.
Bei unseren Workshops haben wir jeden Tag ein Konzert, bei dem die Teilnehmer, also Anfänger wie Fortgeschrittene in echt, also laut spielen. Das ist also auf dem Krankenhausgelände hörbar und schön zu erleben.

Sie bieten jetzt schon zum 26. Mal diesen Workshop an, und der ist offen für alle, die Carillon spielen wollen. Wer kommt denn da?
Es sind bis zu 20 Leute, die teilnehmen. Von der Hausfrau, die es mal ausprobieren möchte, bis zum Ruheständler, der einen Glockenturm reaktivieren will. Es ist ein großer Anreiz für viele, wenn sie dazu beitragen können, dass ein Glockenturm gebaut wird. Und es kommen nicht nur Deutsche her, sondern auch Holländer und sogar Schweizer waren schon hier. Auch vom Alter her ist es eine gemischte Gruppe.

Wie läuft der Workshop ab?
Es beginnt am Freitag und dauert bis Sonntag. Und da ist der ganze Tag ausgefüllt. Es gibt Gruppen- und Einzelstunden bei einem holländischen Carilloneur, und Impulse, welche Stücke die Teilnehmer üben und wie sie ihre Technik verbessern können.

Ist das die einzige Fortbildung dieser Art? Oder gibt es in Deutschland auch Schulen oder Unis für Carilloneure?
Das gibt es in Deutschland leider nicht. Unser Workshop in Zusammenarbeit mit der Deutschen Glockenspielvereinigung ist ein erster Anlaufpunkt, um sich auszutauschen und dranzubleiben. Wer sich weiter verbessern will, kann an die Ausbildungsstätten in Holland oder Dänemark gehen, wo es ein Zertifikat gibt. Das ist dann aber noch deutlich anspruchsvoller, fast wie ein kleines Musikstudium.

Der 26. Carillon-Workshop findet vom 15. bis 17. August in Hannover statt. Weitere Infos unter www.glockenspieler.de