Zurück in der alten Gemeinde

Seine Traumstelle in der Krankenhausseelsorge brachte ihn nach Nürnberg. Der Traum zerplatzte, Diakon Frank Peters kehrte zurück in seine Gemeinde.

Frank Peters in der Kirchengemeinde Philippus und Rimbert
Frank Peters in der Kirchengemeinde Philippus und RimbertCatharina Volkert

Horn. Gerda Riedel und Eleonore Nielsen decken die Tische für den Senioren-Treff am Nachmittag, als Frank Peters den Raum betritt. Die beiden strahlen und begrüßen den Gemeindediakon mit einer vertrauen Umarmung.„Ich hatte nie das Gefühl, weggegangen zu sein“, sagt Frank Peters. Er ist wieder zurück.
Der Diakon der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Philippus und Rimbert begann 2011 in der Gemeinde, wechselte in seinem dritten Jahr die Stelle – und ist seit dem ersten Juli wieder in der Horner Gemeinde für die Jugend- und Seniorenarbeit im Stadtteil zuständig. Nun sitzt er in seinem alten und neuen Büro. Sein Telefon klingelt, es klopft an der Tür. Viele Senioren suchen Rat bei Peters.
Nebenan im Gemeindesaal bereiten Gerda Riedel und Eleonore Nielsen weiter den Senioren-Treff vor. Im Obergeschoss des Rimbert-Hauses arbeiten die Alsterdorfer Werkstätten, weitere Räume hat eine Logopädie-Praxis von der Kirchengemeinde gemietet. Die Türen der gegenüberliegenden Philippus-Kirche stehen sperrangelweit offen, der Küster bereitet das anstehende Gemeindefest vor. Peters ist mittendrin.
„Ich mag ganz intensive Begegnungen mit Menschen“, sagt er. Darum reizte den gebürtigen Bayern die Krankenhausseelsorge. Als Peters 2011 den Anruf seiner ehemaligen Kollegin, einer Pastorin aus Nürnberg, erhielt, dass in der Klinikseelsorge ein Diakon gesucht werde, und ob er sie nicht wolle, sagte er zu – und zog zurück in seine alte Heimat. „Ich hatte immer den Traum, in die Seelsorge zu gehen“, meint Peters, „ich dachte, das ist die Chance meines Lebens.“ Denn für Diakone gibt es kaum derartige Stellen.

"Sie blockieren den Pflegealltag"

Der Beruf seines Mannes hatte ihn einst in den Norden gebracht. Peters dachte damals, er spräche dialektfreies Hochdeutsch. Schnell bemerkte er seinen Irrtum. Doch der Diakon gewöhnte sich an den Hamburger Zungenschlag – und an den trockenen Humor. Mit der Entscheidung, nach Nürnberg zu wechseln, ließ er sich auf eine Fernbeziehung ein. Zugleich sprach er wieder im Klang seiner Heimat, für Peters kein Problem, er hatte früher Gottesdienste in bayrischer Mundart gehalten.
Der Diakon gehörte zu einem  ökumenischen Seelsorgeteam mit mehr als zehn Mitarbeitern, das sich um einen Klinikbetrieb mit 2100 Betten kümmerte. Doch der Traum erwies sich als Enttäuschung. So sehr er die Gespräche, die Begleitung der unterschiedlichsten Menschen schätzte, so sehr litt er an den Strukturen. Er stieß auf Unverständnis von Ärzten und Pflegern gegenüber der Seelsorge. „Was soll das, sie blockieren den Pflegealltag“, hörte er.
Peters litt unter diesen Erfahrungen, die jeder im Team machte, und sagt heute über seine Zeit im Krankenhaus: „Das hat mich krank gemacht.“ Ein Mann, der sein ganzes Leben lang seinen Beruf als Erfüllung wahrgenommen hat, kam an seine Grenzen – und kehrte schließlich zurück in den Norden. „Das war eine rationale Entscheidung, ich hatte den Bauch nicht mitgenommen“, sagt Peters über seine Berufsentscheidung, die ihn in die Klinikseelsorge gebracht hatte.

Herzlicher Empfang

Der Diakon arbeitete einige Zeit in Reinbek in den Stormarner Werkstätten. Dann erreichte ihn wieder ein Anruf einer Pastorin, Bettina Schweikle aus Horn: „Wir würden dich gerne haben.“ Peters zögerte, führte mehrere Gespräche mit dem vertrauten Pfarrteam und kehrte zurück. „Vielleicht habe ich die Schleife gebraucht, vielleicht war ich noch nicht fertig“, sagt er. Ohne Irritation oder Vorwürfe wurde er in der Gemeinde empfangen. Nur einige Gesichter haben sich verändert, einige Ehrenamtliche sind gegangen, andere hinzugekommen – und ein Computer-Kurs ist entstanden.
Heute macht Peters sich die Distanz, die sein Berufsweg ihm bescherte, zunutze: Wie lassen sich die über 55-Jährigen ansprechen? Wie kann man Themen aus Kultur, Politik und Gesellschaft gut in den Gebäuden von Philippus und Rimbert erleben und diskutieren? Derartige Aufgaben hat er nun vor Augen, zumal sich der Stadtteil geändert hat und immer mehr Migranten dort leben. Fragt man ihn nach seiner Zeit in der Klinikseelsorge, dann erzählt er auch von einer Glaubenskrise. „Ich habe viel gelernt und bin gestärkt zurückgekommen“, sagt er.