Zum Seelsorge-Einsatz ins Flut-Gebiet

Es war eine Herausforderung: Frank Conrads, Schleswig-Holsteins Notfall- und Feuerwehrseelsorger, hat in den Flut-Gebieten im Westen Deutschlands geholfen. Ihm und seinem Team setzten die schlimmen Bilder zu – und die lange Warterei.

Frank Conrads vor seinem Einsatzfahrzeug im nordrhein-westfälischen Windhagen.
Frank Conrads vor seinem Einsatzfahrzeug im nordrhein-westfälischen Windhagen.Florian Büh / Mobiler Führungsstab des Landes Schleswig-Holstein

Nortorf / Windhagen. Die Bilder von zerstörten Häusern und Straßen – Frank Conrads hat sie mit eigenen Augen gesehen. Fünf Tage lang ist der Notfall- und Feuerwehrseelsorger für Schleswig-Holstein im Flutgebiet in Nordrhein-Westfalen unterwegs gewesen. Und es war ein schwieriger Einsatz. „Es ist eine Herausforderung gewesen, die innere Distanz zu wahren“, sagt der 52-Jährige.

Der Theologe hat das erste Kontingent von 700 Hilfskräften aus mehreren Hilfsorganisationen begleitet, das sich am vergangenen Dienstagabend aus dem Norden auf den Weg in das Katastrophengebiet machte. Conrads leitete ein Team aus elf Feuerwehrleuten, die für die Einsatz-Nachsorge zuständig waren. Von „psychosozialer Notfallversorgung“ spricht er und meint damit, dass die Feuerwehrleute die schlimmen Bilder, die sie bei ihren Einsätzen sehen, am besten verarbeiten, wenn sie darüber sprechen. „Sprechen ist die beste Form des Verarbeitens“, sagt der Seelsorger.

Warten in der „Chaos-Phase“

Bei dem Flut-Einsatz habe es einen außergewöhnlich hohen Gesprächsbedarf gegeben. Aber nicht immer ging es dabei um die Bilder von zerstörten Dörfern und verstorbenen Bewohner. Für die Einsatzkräfte sei auch etwas Anderes belastend gewesen, sagt Conrads: die Warterei. „Das ist für Feuerwehrleute sehr ungewohnt.“ Normalerweise würden sie bei einem Alarm sofort mit Blaulicht zum Einsatzort fahren. Das sei in Nordrhein-Westfalen nicht immer möglich gewesen. Manchmal hätte die Gruppe lange warten müssen. In der „Chaos-Phase“ nach dem Unglück mussten sich die leitenden Rettungskräfte erst einmal ein Bild von der Lage verschaffen. „Man wusste, dass die Not groß war. Und trotzdem konnte man nicht loslegen“, erläutert der Nortorfer.

Schuld im Landkreis Ahrweiler ist von der Flut besonders betroffen
Schuld im Landkreis Ahrweiler ist von der Flut besonders betroffenFrank Schulze / epd

Stationiert waren die Einsatzkräfte aus dem Norden in Windhagen, das etwa 100 Kilometer entfernt liegt von den betroffenen Gebieten. Untergebracht waren sie etwa in der Grundschule und im Gemeindehaus, Conrads übernachtete in einem Feldbett in einer Turnhalle – mitten unter den Feuerwehrleuten. Jeden Tag sind sie dann in die Flutgebiete gefahren. Kein einfaches Unterfangen, weil Straßen beschädigt und Brücken eingerissen sind. Manchmal hat eine Fahrt drei Stunden gedauert.

Im Einsatz waren die Teams unter anderem in Bad Neuenahr und im Landkreis Ahrweiler. Zu dritt sind sie für Einsatznachsorge durch die Ortschaften gelaufen, um mit den Feuerwehrkollegen ins Gespräch zu kommen. Dabei sei es sehr wichtig, dass sein Team ebenfalls aus Feuerwehrleuten bestehe. So spreche man die gleiche Sprache.
Das gilt auch für Conrads, der seit zehn Jahren Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Nortorf bei Neumünster ist. Seit 2014 arbeitet er als Beauftragter der Nordkirche für Notfall- und Feuerwehrseelsorge in Schleswig-Holstein. Zuvor war er Pastor in Nortorf. Jetzt bildet er etwa Notfallseelsorger aus und betreut sie und kümmert sich darum, dass die Notfallseelsorge in den Katastrophenschutz eingebunden wird.

Nordkirche schickt Seelsorger

Am vergangenen Sonntag haben Conrads und sein Team ihren Einsatz beendet. Doch für die Nordkirche geht die Seelsorge in den Flutgebieten weiter. Mehrere Seelsorger haben sich am Wochenende auf den Weg gemacht, um den von der Flut betroffenen Menschen beizustehen.