Zu Besuch bei der Chiesa Valdese

„Reformation woanders“ heißt ein Projekt, das der Kirchenkreis Mecklenburg initiiert hat. Jetzt haben Schüler der 10. Klasse aus Schwaan Italien besucht – inklusive eines kurzen Sprachkurses.

Auch das Museum des Fußballclubs Juventus Turin besuchte die Gruppe
Auch das Museum des Fußballclubs Juventus Turin besuchte die GruppePrivat

Rostock. Kennen Sie die Waldenser, diese kleine reformierte Kirche in Italien, die dort Chiesa Valdese heißt und schon lange vor Luther, genau genommen im 13. Jahrhundert, Reformen anmahnte? Sollten Sie jetzt sagen: „Klar kenne ich“, dann haben Sie schätzungsweise den meisten Italienern etwas voraus, denn vielen ist sie im Land unbekannt. Und den Zehntklässlern der Franz-Bunke-Regionalschule in Schwaan hätten Sie im September auch noch etwas vorausgehabt. Aber dann wurden sie Teil des Projekts „Reformation woanders“, das die Arbeitsstelle für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in Mecklenburg 2015 initiiert hat. Dazu besuchen unterschiedliche Gruppen unterschiedliche Länder und lernen deren Reformationsgeschichte und das Leben der Evangelischen heute kennen.
Das Besondere der Schwaaner Gruppe: Von 22 Schülern der Klasse sind nur zwei getauft. Also gab es erst einmal Vorarbeit zu leisten. Die Schulklasse besuchte an einem Projekttag die Kirchengemeinde in Schwaan, lernte die Situation der evangelischen Christen anhand der eigenen Kleinstadt kennen, erfuhr etwas über die Aktivitäten der Kirchengemeinde und über die ökumenische Zusammenarbeit vor Ort. Kurz vor der Fahrt fanden weitere drei Projekttage zu Themen wie „Reformation in Deutschland“, „Wer war Martin Luther?“ und „Evangelische Kirche in Mecklenburg“ statt.

Von Mozzarella bis Mafia

Und selbstverständlich haben sich alle mit dem Reiseziel beschäftigt: „Kennst du das Land, wo die Zitronen blüh’n?“, hieß die Frage. Von Mozzarella bis Mafia reichte die Bandbreite des kleinen Schülervortrags.
Sogar einen Italienisch-Crashkurs gab es: mit Pastorin Antje Exner aus Dorf Mecklenburg, die als ehemalige Studentin der Facolta Valdese in Rom fließend Italienisch spricht und als Übersetzerin während der Reise unschätzbare Dienste leistete.
In der letzten Septemberwoche waren dann 25 deutsche Jugendliche zu Gast im historisch wichtigen Zentrum der italienischen Waldenser, in Torre Pellice. Sie wohnten in italienischen Gastfamilien, ließen sich täglich mehr von den temperamentvollen Schülern des Waldensischen Gymnasiums mitreißen, sprachen Englisch und Italienisch, mit Händen und Füßen. Gemeinsam wanderten sie zu den alten Höhlenverstecken der Waldenser in den Bergen, gemeinsam erfuhren sie etwas über die Verfolgung, Vertreibung und Not dieser kleinen Reformierten Kirche bis zum Jahr 1848, als die Mitglieder endlich die Bürgerrechte bekamen. Gemeinsam saßen die Schüler beider Länder im italienischen Deutschunterricht, besuchten das Fußballstadion von Juventus Turin (das war vermutlich der emotionale Höhepunkt für die Nicht-Erwachsenen) und feierten in Agape, dem ökumenische Jugendzentrum der Chiesa Valdese, ein nicht enden wollendes Abschiedsfest.

2017 kommen die Italiener

Das Schöne an einem Austausch ist, dass man sich mindestens zwei Mal sieht. Im Mai 2017 kommen die Italiener nach Schwaan. Dann soll es mindestens genauso toll werden für sie, wie es jetzt für die Deutschen in Italien war. „Wir haben zwar nicht so gutes Eis, aber die Ostsee“, sagen die künftigen Gastgeber und fangen schon an zu planen.
„Reformation woanders“ – was dieses Projekt bis jetzt bewirkt hat, ist, über den eigenen Tellerrand zu schauen, über die eigenen Grenzen zu gehen, mutig Neuland zu betreten, neue Menschen und sich selbst besser kennenzulernen.