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ZDF-Doku-Serie auf der Spur verlorener Zivilisationen

Die internationale ZDF-Dokuserie “Ancient Apocalypse” geht der Fragen nach, warum die einst gewaltigen Reiche der Römer, Karthager und Ägypter verschwunden sind.

Alte, längst verschwundene Kulturen, deren Hinterlassenschaften durch Museen und aus Filmen, Computerspielen und anderen kulturellen und popkulturellen Zusammenhängen bekannt sind, üben immer eine Faszination aus. Vielleicht steigt diese Faszination seit einiger Zeit, weil Klimakrise, Wirtschaftskrisen oder auch die Ahnung, dass das westliche Bündnis auseinanderbricht, Befürchtungen befeuern, dass auch unsere Kultur verschwinden könnte.

Und genau hier setzen die neuen Folgen der ZDF-Info-Serie “Ancient Apocalypse – Warum gehen große Zivilisationen unter?” explizit an. “Wir sind sicher: Uns kann das nicht passieren. Anderen Zivilisationen ist genau das passiert”, betont Offkommentar-Sprecherin Ulrike Johannson markig zu Beginn jeder Folge. Lässt sich aus dem Untergang sehr ehemaliger Hochkulturen also lernen, wie man so etwas vermeidet?

Die drei Folgen widmen sich Karthago, dem Römischen Reich und der ägyptischen Hochkultur des Alten Reichs im dritten Jahrtausend vor Christus, dessen Pyramiden rund vier Jahrtausende lang die welthöchsten Bauwerke blieben.

Karthago, die “blühende kosmopolitische Metropole” in Nordafrika wurde 146 vor unserer Zeit so gründlich zerstört, dass jahrhundertelang unklar war, wo genau sie lag. Die Stadt lag am Mittelmeer gegenüber Sizilien im heutigen Tunesien, erfährt man – zu Zeiten, in denen Nordafrika als “Kornkammer” galt, aus der viel lebensnotwendiges Getreide teuer exportiert werden konnte.

Dramaturgisch bedienen die Folgen Krimi-Muster: Mehrere plausibel anmutende Spuren werden ausgelegt, dann aber widerlegt, bevor sich dann überraschend, doch mit dem Fortschritt der Forschungsmethoden korrelierend, der wohl wahre Grund für den Untergang zeigt. Die altägyptische Hochkultur etwa brachten weder die Pest noch der Nil zu Fall, dessen Wasserstände die Menschen damals durchaus zu beherrschen und nutzen wussten, sondern eine geradezu globale “Megadürre” in Folge eines El-Nino-Phänomens, das den östlichen Pazifik erwärmte.

Formal setzt die Reihe auf audiovisuelle Überwältigung. Der pseudo-sinfonische Soundtrack unterstreicht dröhnend nicht nur jede Kamerabewegung beim Abfilmen der gewaltigen Pyramiden oder des animierten Schlachtengetümmels, sondern auch das, was die ohnehin oft begeisterten Experten sagen.

Reenactments werden im üblichen Ausmaß eingesetzt, mitunter aber eher kontraproduktiv. Gerade die altägyptische Kultur blieb und ist weiterhin ihrer überlieferten bildgewaltigen Quellen wegen bekannt, die immer wieder Modetrends initiierten. Da mutet es seltsam an, Kleindarsteller einzusetzen, die etwa als Pharao bedeutungsschwere Blicke in Nahaufnahme werfen, statt vor allem Originale zu zeigen.

Dennoch, das dröhnende Brimborium vermittelt unterhaltsam Wissenswertes, und das durchaus mit Aktualität und Akribie. Zum Beispiel, wie der über 6.000 km lange Nil sowohl als Trinkwasserquelle wie auch als Transportweg (auch für die Steine, aus denen die Pyramiden errichtet wurden) genutzt wurde. Oder wie die Hieroglyphen nach jahrhundertelangem Rätseln entschlüsselt wurden.

Auch die Römer kamen durchaus mit dem Drang zur Expansion, der ihren Machtstrukturen innewohnte, zurecht, und scheiterten wohl eher daran, dass sie den immer wieder neuen Ethnien, die sie in ihre Armeen integrierten, zunehmend die gebührende Anerkennung verweigerten. Daraufhin wendeten diese sich gegen Rom, so die These des Films.

Die planmäßige Zerstörung Karthagos inklusive seiner Bewohner und kulturellen Erzeugnisse, die plangemäß dazu führte, dass jahrhundertelang nur die Sichtweise der Sieger über die vermeintlichen Barbaren bekannt war, bezeichnet ein befragter Experte als “einen der ersten belegten Völkermorde der Geschichte” – was aus heutiger Sicht einen weiteren Schatten auf Roms Hochkultur wirft.

Die Doku-Reihe der britischen World Media Rights Ltd., an der das ZDF über seine kommerzielle Tochter ZDF Studios mit 36 Prozent beteiligt ist, zielt sichtlich auf den Weltmarkt und verzichtet auf speziell deutsche Details. Befragt werden vor allem englischsprachige Experten. Und auch der zu Wort kommende deutsche Klimatologe Ulf Büntgen äußert sich auf englisch, er arbeitet aktuell aber auch in Cambridge.