Wo sich Hamburg von seiner Schokoladenseite zeigt

Am Verkaufstresen des „Duckdalben“ wird jeden Monat fast eine Tonne Schokolade umgesetzt. Einige Matrosen fragen via Video-Telefonat bei ihren Familien zu Hause nach, welche Sorten sie mitbringen sollen. Zu Besuch in Hamburgs heimlichem Schokoladen-Zentrum.

Verkäufer Jacob Thomas erklärt einem philippinischen Seemann das Angebot
Verkäufer Jacob Thomas erklärt einem philippinischen Seemann das AngebotThomas Morell / epd

Hamburg. Hamburgs größter Schokoladen-Markt liegt abseits von Laufkundschaft zwischen Containern und Bahngleisen mitten im Hafen. Im Seemannsclub „Duckdalben“ wird, gemessen an der Fläche, die meiste Schokolade in der Hansestadt verkauft – davon sind die Verantwortlichen überzeugt. Knapp eine Tonne Schokolade geht jeden Monat über den Verkaufstresen, durchschnittlich mehr als 300 Tafeln pro Tag. Wenn im Sommer die Besatzungen der Kreuzfahrtschiffe kommen, verdoppelt sich der Umsatz sogar. „Schokolade ist gut für die Seele“, sagt Anke Wibel, die mit Jan Oltmanns den Duckdalben leitet.
Auf den Hochsee-Schiffen herrsche mittlerweile Rauchverbot und auch komplettes Alkoholverbot, weiß Lars Kostka, der als „Weltempfänger“ am Verkaufstresen des „Duckdalben“ die Gäste begrüßt. Schokolade sei daher oft das Einzige, was man noch zum Genuss habe. Sie sei „Nervennahrung an Bord“. 100 Tafeln Schokolade ließen sich zudem auch vergleichsweise gut transportieren.

Einkauf für die ganze Familie

Allerdings gibt es durchaus Unterschiede unter den Nationen. Russische Seeleute kaufen meist nur für ihren eigenen Bedarf ein. Philippinische Seeleute dagegen – die mit Abstand größte Besuchergruppe – kaufen meist für die gesamte Familie. Manch einer lässt später sogar sein Gepäck an Bord, um einen Koffer mit Schokolade für die Leute zu Hause mitzunehmen.
Gerade zu Weihnachten dürften die Familien auch gern mitbestimmen, was der Seemann in Hamburg einkaufen soll, hat „Duckdalben“-Mitarbeiter Marcus Wichmann beobachtet. Mit dem Smartphone oder Laptop werde eine Skype-Verbindung in die Heimat hergestellt, Kinder und Ehefrau würden dann via Bildschirm zeigen, welche Schokoladen-Sorten der Vater mit nach Hause bringen soll.
„Es muss deutsche Markenschokolade sein“, weiß Lars Kostka. Ritter Sport oder Milka seien der Renner, mit etwas Abstand kämen Toblerone oder Ferrero Rocher. Ob Nuss, Vollmilch, Zartbitter oder Mandel ist dagegen offenbar weniger wichtig. Lars Kostka erinnert sich noch an einen Seemann, der eine Rabattaktion im „Duckdalben“ nutzte und die gesamte Schule seiner Frau mit Schokolade versorgte. Später zeigte er Fotos, wie jedes Kind eine Tafel Schokolade in der Hand hielt. „Der war der Held in dem Dorf.“

Andrang zu Heiligabend

Eingekauft wird die Schokolade über bewährte Kontakte im regulären Handel. Weil der Seemannsclub am Verkauf nichts verdienen will, geht die Schokolade zum Einkaufspreis über den Ladentisch – meist ein Euro pro Tafel. Gelagert wird sie im „Duckdalben“ und in einem Container in der Hafencity.
An Heiligabend wird es wieder voll im „Duckdalben“ – mehr als 60 Seeleute werden erwartet. Auch in der hoch technisierten Welt des Hafens gibt es Heiligabend noch eine Weihnachtsruhe. Wer in den Seemannsclub kommt, will erst einmal mit der Familie zu Hause telefonieren, hat Meike Puchert, Leiterin der Bordbetreuung, in früheren Jahren beobachtet. Die Andacht um 19 Uhr ist zweisprachig mit internationalen Weihnachtsliedern, sodass jeder mitsingen kann.
Und die Geschenke bringt seit vielen Jahren „Santa Klaus“, der auch im echten Leben „Klaus“ heißt. In der Geschenketüte ist in diesem Jahr neben einer Telefonkarte, Süßigkeiten und Nüssen auch eine „Power-Bank“ zum Aufladen der Smartphones. Danach wird im Großen Saal gemeinsam gegessen. Es gibt Raclette – von den Seeleuten „Indoor Barbecue“ genannt. (epd)