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Die Zeitenwende schlägt sich auch im Alltag der Truppe nieder: Die Präsenz deutscher Soldaten an der Nato-Ostflanke ist signifikant erhöht worden. Darüber spricht Militärpfarrer Gerson Seiß sprach mit Flieger Tobias Maiwald.

Tobias Maiwald
Tobias MaiwaldPrivat

„Wir sind heute in einer anderen Welt aufgewacht“ – diese pointierte Formulierung der Außenministerin am Morgen des 24. Februar dieses Jahres bleibt ebenso in Erinnerung wie die Zeitenwende-Rede des Bundeskanzlers am darauffolgenden Sonntag im Bundestag.

Seitdem ist tatsächlich einiges in Bewegung. Die Schaffung eines Sondervermögens zur nachhaltigen Ertüchtigung der Bundeswehr hat die parlamentarischen Hürden genommen, und auch in der friedensethischen Diskussion hat eine Zeitwende stattgefunden. Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, äußert sich dazu wie folgt: „Der Pazifismus hat mich nie überzeugt, obwohl man natürlich als Christ im Herzen ein Pazifist ist. Man braucht nur die Passionsgeschichte zu lesen. Als ein Knecht des Hohepriesters Jesus gefangen nehmen will, schlägt ihm ein Jünger das Ohr ab. Jesus aber heilt das Ohr und erklärt: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt!” Unsere Situation ist aber eine andere: Wir sind von dieser Welt. Deshalb habe ich mit Waffenlieferungen an die Ukraine kein moralisches Problem.“

Die Zeitenwende schlägt sich auch im Alltag der Truppe nieder: Die Präsenz deutscher Soldaten an der Nato-Ostflanke ist signifikant erhöht worden, und manch einer setzt sich mehr als je zuvor mit dem sogenannten „scharfen Ende des Schwertes“ auseinander.

Das gilt auch für die Rekruten, deren Dienst mit dem Unteroffiziersgrundlehrgang in Heide beginnt. Militärpfarrer Gerson Seiß sprach mit Flieger Tobias Maiwald (19).

Herr Maiwald, mit Ihrem Eintritt in die Bundeswehr haben Sie Ihrer beruflichen Orientierung eine klare Richtung gegeben. Mögen Sie einen kleinen Einblick geben in Ihre inneren Beweggründe, die zu der Entscheidung geführt haben?
Tobias Maiwald: Schon als kleines Kind faszinierte mich das Thema Soldatsein, und schnell entwickelte sich die Vorstellung, mich eines Tages in den Dienst der Bundeswehr stellen zu wollen. In den Jahren meiner Jugend beschäftigte ich mich immer mehr mit dem Thema, von der Uniform über den Auslands­einsatz bis hin zu tapferem und treuem Dienen. Ich versuchte, so viel wie möglich herauszufinden, bevor ich den Entschluss fasste, mich zu bewerben und meinen Eid zu leisten.

Das Selbstverständnis der Bundeswehr findet seinen Ausdruck in den drei Worten: „Wir dienen Deutschland.“ Können Sie kurz umreißen, was Sie damit verbinden?
Ich verbinde dieses Selbstverständnis der Bundeswehr mit den Worten ,,Vaterland“, ,,Kameradschaft“ und ,,Ehre“. Denn es ist mir eine Ehre, meinem Vaterland dienen zu dürfen und die Kameradschaft innerhalb der Streitkräfte genießen zu können.

Sie haben sich vor dem 24. Februar 2022 für den Dienst in den Streitkräften beworben. Die Zeitenwende hat in der Öffentlichkeit zu einem veränderten Blick auf Landes- und Bündnisverteidigung geführt. Ist möglicherweise auch Ihr eigenes Selbstverständnis als Soldat von der neuen Lage seit Kriegsbeginn in der Ukraine berührt?
Der Krieg in der Ukraine zeigt, wie wichtig es ist, eine sehr gut ausgebildete, moderne und gut ausgerüstete Bundeswehr zu haben. Und vor allem braucht es Menschen, die sagen: „Ich diene“. Für mich hat sich seit Kriegsbeginn nichts an meiner Einstellung geändert. Ich wusste, was der Soldatenberuf bedeutet, und bin daher bereit, meinen Eid jederzeit zu erfüllen.

Was wünschen Sie sich als Soldat mit Blick auf die öffentliche Wahrnehmung der Truppe?
Ich würde mir wünschen, dass die Menschen mehr über diejenigen erfahren, die für Deutschland ihren Eid erfüllten und dabei ihre körperliche und psychische Gesundheit gaben und manche sogar ihr Leben. Die Medien sollten darüber berichten und nicht über irgendwelche C-Promis, die zum dritten Mal heiraten. Denn das ist es, was wirklich wichtig ist.

Herr Maiwald, ich bedanke mich für das Gespräch und wünsche Ihnen alles erdenklich Gute und dass Sie bewahrt bleiben auf Ihren inneren und äußeren Wegen.