Winternotprogramm startet mit knapp 900 Plätzen

Nachts, wenn es kalt wird, sollen obdachlose ein warmes Bett finden. Doch am Winternotprogramm kommt Kritik von „Hinzt&Kunzt“.

Michaela Ketelsen betreut im Flensburger Tagestreff wohnungslose Männer. Der Treff gehört zum Diakonischen Werk im Kirchenkreis Schleswig-Flensburg.
Michaela Ketelsen betreut im Flensburger Tagestreff wohnungslose Männer. Der Treff gehört zum Diakonischen Werk im Kirchenkreis Schleswig-Flensburg.Friedrich Keller

Hamburg. Von November 2016 bis März 2017 will Hamburg knapp 900 zusätzliche Plätze für obdachlose Menschen im Winternotprogramm zur Verfügung stellen. Außerdem soll das Beratungsangebot ausgeweitet werden. Wie bisher sollen die Unterkünfte zwischen 17 und 9 Uhr geöffnet sein, teilt die Sozialbehörde mit. Eine zusätzliche Tagesaufenthaltsstätte wird Obdachlosen in Borgfelde (Hinrichsenstraße 4) Zuflucht gewähren. Insgesamt stehen 2,5 Millionen Euro für das Winternotprogramm zur Verfügung. Das Straßenmagazin "Hinz&Kunzt" hält die Maßnahmen für unzureichend.
Im vergangenen Winter kamen die Übernachtenden in beiden staatlichen Standorten (Münzstraße und Schaarsteinweg) zu rund 61 Prozent aus ost- und südosteuropäischen Staaten (darunter 55 Prozent aus Polen, Rumänien und Bulgarien), zu rund 30 Prozent aus afrikanischen Ländern und nur zu rund neun Prozent aus Deutschland.

"Ein hausgemachtes Problem"

Beratungen im Winternotprogramm seien zwar sinnvoll, sinnvolle Hilfe würden aber nur wenige bekommen, kritisierte Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer. Den vielen Obdachlosen aus Osteuropa werde meist empfohlen, in ihr Heimatland zu reisen. Es sei jedoch ein Trugschluss, damit die Probleme zu lösen. Die meisten Osteuropäer würden trotzdem hier bleiben oder wieder kommen wieder. "Und wir müssen dabei zusehen, wie sie auf der Straße verelenden."
Die Ausweitung des Winternotprogramms sei "ein hausgemachtes Problem", kritisiert Karrenbauer. Es gebe seit Jahren kaum mehr frei Plätze in den Notunterkünften. Einen Platz in einer städtischen Unterkunft bekomme man nur mit Glück. "Ganz offensichtlich fehlt der politische Wille, die Obdachlosigkeit nicht nur zu verwalten, sondern zu bekämpfen." Kritisiert wird erneut, dass die Notunterkünfte tagsüber geschlossen werden. Dies zeige, so Karrenbauer, "wie wenig der Stadt das Wohl der Menschen am Herzen liegt".
Das Winternotprogramm ist ein zeitlich befristetes Angebot der Stadt Hamburg zur "Gefahrenabwehr" bei kalten Tagen mit frostigen Nächten. Es richtet sich an obdachlose Menschen in Hamburg, die anonym und kostenlos eine Übernachtung finden. Tagesaufenthaltsmöglichkeiten gibt es ganzjährig an zehn Standorten. (epd)