Wieso Regionalbischöfin Birgit Klostermeier aufhört

Nach fünf Jahren als Osnabrücker Regionalbischöfin legt Birgit Klostermeier ihr Amt nieder und wird Beraterin in der freien Wirtschaft.

Birgit Klostermeier an ihrem Schreibtisch in Osnabrück
Birgit Klostermeier an ihrem Schreibtisch in OsnabrückSven Kriszio

Osnabrück. „Die 60 sind etwas Magisches“, sagt Birgit Klostermeier, wenn sie nach ihrem ungewöhnlichen Schritt gefragt wird. Die Osnabrücker­ Regionalbischöfin quittiert ihren Dienst bei der Kirche nach nur fünf Jahren und damit der Hälfte ihrer Amtszeit und wird künftig als selbstständige Organisationsberaterin und Coach arbeiten. „Ich habe mich gefragt, was meine Aufgabe in der Welt ist“, sagt die Theologin und Soziologin, die Ende Februar 60 Jahre alt wird. Dabei habe sie gespürt, dass sie „schon immer beraterisch“ tätig sein wollte. „Ich bin so, dass ich da genau hingucke. Und dieser Wunsch meldet sich jetzt.“

Ein so radikaler Bruch mit der beruflichen Vergangenheit kurz vor dem Ruhestand ist ungewöhnlich. Und so sorgt Klostermeiers Entscheidung für unterschiedliche Reaktionen. „Viele Bedauern meinen Schritt und zeigen Verständnis“, so Klostermeier. „Mehr als ich dachte“, fügt sie hinzu. Einige Pastoren hätten sie sogar gesegnet. „Aber es gibt auch Empörung“, so Klostermeier. „Der Bischofsrat­ war überrascht, als ich davon erzählte“, und es sei eine gewisse „Befremdlichkeit“ zu spüren gewesen.

Blickt Klostermeier auf ihre fünfjährige Amtszeit als Regionalbischöfin zurück, stehen Seelsorge und Beratung der Pastoren, der Mitarbeiter obenan. In dieser Mission wird Klostermeier sicher einige Zehntausende Kilometer in ihrem 300.000 Mitglieder zählenden Sprengel zwischen Osnabrück und Bremen zurückgelegt haben. Klostermeier kenne jeden der 160 Pastoren, sei jedem Diakon und Mitarbeiter in den 114 Gemeinden und Einrichtungen während ihrer Amtszeit begegnet, sagen enge Mitarbeiter.

Wie ein Libero

„Diese seelsorgerliche Arbeit habe ich sehr gern gemacht“, bilanziert Klostermeier. Etwa in der Reihe Sprengelfrüchte, so hat sie ihre Besuche in den Gemeinden genannt. Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Arbeit war die Ökumene. „Das war das überraschendste Geschenk. Wir haben wunderschöne Gottesdienste gefeiert“, schwärmt Klostermeier.

Viel Vertrauen und Selbstverständlichkeit sei spürbar gewesen. „Die Überwindung des Konfessionalismus war zum Greifen nahe.“ Ebenso habe sie an theologischen Fragen arbeiten und geistliche Impulse geben können. Wie ein Libero beim Fußball habe sie sich gesehen. „Diese freie Position zwischen Angriff und Verteidigung gibt einige Möglichkeiten.“

In der Beratungsarbeit werde sie sich künftig vor allem mit Strukturen beschäftigen, sagt Klostermeier. Und sie ahnt, dass ihr die Menschen im Sprengel fehlen werden. Von Göttingen aus wolle sie Organisationen und Firmen beraten, die ähnlich wie die Kirche im Umbruch sind, sagt sie. Viele Fragen würden sich neu stellen, die Balance von Arbeit und Freizeit, das Verhältnis der Generationen, aber auch die Sinnfrage: Was zählt im Leben? „Da möchte ich gern zur Verfügung stehen“, sagt Klostermeier. Wie genau, das sei noch nicht ganz spruchreif. Doch sie habe bereits erste Aufträge.

Kultur des Miteinanders

Schon in der Institution Kirche habe sie versucht, an diesen Fragen zu arbeiten und zu einer neuen Kultur des Miteinanders beizutragen, versucht mit Gewohnheiten zu brechen, genau hinzuhören, Bedürfnisse ernst zu nehmen, betont sie. Messbar seien die Ergebnisse allerdings kaum. „Es ist wie mit Blütenstaub. Irgendwann werden die Impulse und Ideen aufgenommen“, so Klostermeier. „Man merkt, wie behäbig wir alle sind. Das ist ja nicht die Kirche an sich, das sind wir alle selbst.“

Mit der neuen Tätigkeit hofft sie nun, mehr zu bewirken. Als Regionalbischöfin habe sie nicht den nötigen Spielraum gehabt, den sie sich gewünscht hätte. „Das war mir am Anfang nicht klar.“ Und dann betont sie nochmals, dass die Entscheidung nicht mit dem Amt zusammenhänge, sondern mit ihr als Person.

Info
Birgit Klostermeier hat den vorzeitigen Ruhestand beantragt. Am 7. März wird sie in der St.-Marien-Kirche Osnabrück entpflichtet.