Wie Pröpstin Murmann die Kirche im Olympia-Rat vertritt

Für die Kirche sitzt Pröpstin Ulrike Murmann im Olympia Aufsichtsrat. Vor dem Hamburger Referendum am Sonntag nimmt sie im Interview Stellung.

Pröpstin Ulrike Murmann sitzt im Olympia-Aufsichtsrat
Pröpstin Ulrike Murmann sitzt im Olympia-AufsichtsratOliver Fantitsch / KK HH-Ost

Sie sind Mitglied im Olympia-Aufsichtsrat. Was haben Sie dort für die Kirche erreicht?
Mit der Berufung in den Aufsichtsrat haben wir als evangelische Kirche die Möglichkeit, unsere Perspektive und unsere Erwartungen in die Olympiaplanungen einzuspeisen. Olympia ist für Hamburg und Schleswig Holstein eine Chance, wenn es sozial gerecht, nachhaltig, finanziell verantwortlich und transparent gestaltet wird. Der Aufsichtsrat hat ein Nachhaltigkeitskonzept beschlossen, das bislang einzigartig ist. Das finde ich wegweisend, mit Hamburg könnte ein Paradigmenwechsel in Sachen Olympia einsetzen.
Was sind Ihre thematischen Schwerpunkte in dem Gremium?
Die Spiele dürfen beispielsweise  nicht dazu führen, dass Menschen wegen steigender Mieten aus ihren Stadtteilen vertrieben werden. Die Bewohner der Stadtteile Rothenburgsort, Veddel und Wilhelmsburg haben Sorgen, die ich berechtigt finde und einbringen werde. Es darf nicht sein, dass die sozial Benachteiligten unserer Stadt aus dem Blickfeld geraten, weil alle Energie für Olympia abgezogen wird. Wir müssen für das Gegenteil eintreten: Der Bau des olympischen Dorfes auf dem Kleinen Grasbrook, die Verbesserung der Infrastruktur rund um den Hafen und die Ertüchtigung der Sportstätten in Hamburg sollte eine Chance für mehr Wohnraum, bessere Lebensverhältnisse und mehr Arbeitsplätze sein.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Inklusion: Unsere Stadt ist weit davon entfernt, eine behindertengerechte Stadt zu sein. Mit Hilfe der Paralympics könnte es gelingen, dass ein ganzer Stadtteil barrierefrei gebaut wird und vorhandene Sportstätten entsprechend umgestaltet werden.
Wie kann sich Kirche einbringen im Rahmen der Olympia-Bewerbung?
Wir wollen die Planungen konstruktiv-kritisch begleiten und zum Beispiel zu Diskussionsrunden einladen und selber daran teilnehmen. Unser Engagement in der Flüchtlingshilfe und unser Einsatz für den interreligiösen Dialog sind gerade im Blick auf Olympia von Bedeutung. Die Ideen des friedlichen Miteinanders, der religiösen Toleranz und der Gastfreundschaft sind Teil unseres kirchlichen Auftrags.
Was sind die Vorteile und was die Risiken von Olympia in Hamburg?
Die Diskussion um die Bewerbung führt schon jetzt dazu, dass Bürger sich fragen: Welche Stadt wollen wir? Wie sollen Menschen zukünftig bei uns wohnen? Olympia wirkt wie ein Katalysator für die Stadtentwicklung und ist eine Chance, die Stadt südlich und nördlich des Hafens zusammen zu denken, auch gemeinsam mit der Hafenwirtschaft. Die Risiken liegen zunächst auf der finanziellen Seite und der noch unsicheren Ausgangslage. Da fehlen noch viele notwendige Daten und Zahlen. Dies muss transparent gemacht werden, auch im Blick auf die Nachnutzung und die Nachwirkungen der Spiele.
Sind Sie für Olympia in Hamburg oder dagegen? Verraten Sie, wie Sie beim Referendum abstimmen werden?
Die Nordkirche wird kein Votum für oder gegen Olympia abgeben, sondern überlässt es jedem Menschen selbst, die Entscheidung zu fällen. Das ist guter Brauch in der evangelischen Kirche. Wir benennen ethische Maßstäbe wie Frieden, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit, an denen man seine Meinung ausrichten kann. Aber wählen muss jeder selbst.
Wie ist die Stimmung in der Hamburger Kirche Ihrer Meinung nach: eher für oder eher gegen Olympia?
Das ist wie überall in Hamburg: Es gibt begeisterte Befürworter und entschiedene Gegner, einige sind vermutlich noch unentschlossen.
Das Interview führte Timo Teggatz.