Wie Inseln im Ozean

Über Gott als Festland schreibt Gerhard Dallmann. Er ist Pastor im Ruhestand aus Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern).

Der Predigttext des folgenden Sonntags lautet: „… gleichwie Christus ist auferweckt von den Toten, also sollen auch wir in einem neuen Leben wandeln.“ aus Römer 6,4

Erinnerungen erscheinen mir wie der Griff in die Tiefen eines fast bodenlosen Fasses. Wenn Halbvergessenes ans Licht drängt, ungewollt, einfach so. So erlebte ich kürzlich beim Lesen eines Briefs eines geschätzten Paares – damals vor etwa 30 Jahren Studenten an der Uni Greifswald – wieder einmal jene von Dummheit und Macht geprägten Jahre, ein Beobachten und Verfolgen dunkler Behörden, die die Menschen in eine Art Totsein verschaukelten. Diese zwei lieben Leute sah ich eines Tages in einem meiner Gottesdienste. An der Kirchentür sagte die Frau: „Ihre Worte haben mir einen neuen Lebensweg gewiesen“. Ihr Begleiter hängte an: „Ein neues Leben!“
Seitdem trafen wir uns mit Gleichdenkenden wöchentlich zu durchaus nicht inhaltlosen Gesprächen. Irgendwann gab einer ein Gleichnis vor: „Wir waren wie eine im Strome treibende Insel. Jetzt haben wir Festland unter den Füßen.“ Heute nun lese ich im Predigttext von Taufe, Tod, Auferweckung. Worte, die angreifen. Denn da spricht einer aus Erfahrung. Der Schreiber, ehemals Saulus, nun Paulus, eine markante historische Persönlichkeit. Wenn er von neuem Leben spricht, weiß er, was er sagt. Einstmals gieriger Verfolger jener, die sich zu Jesus bekannten. Dann plötzlich auferstanden zu neuem Sein. Solche Aufbrüche in ein Sosein sind nicht einmalig. Ostern, Auferstehung von den Toten ist auch heute, hier und jetzt. Davon legen nicht nur die Bekenntnisworte jener Studenten Zeugnis ab. Was DAS neue Leben für Sie, lieber Leser, bedeutet, wägen Sie selbst ab!
Ich hinterfrage gerne dahingeplauderte Worte unserer Sprache. Paulus setzt in seinem Brief an die Freunde in Rom mehrmals die Vokabel „Sünde“. Was ist das eigentlich? Mir drängt sich das Bild jenes Studenten auf, der von der treibenden Insel und dem Festland sprach, und ich wage den Sprung in die Aussage: Sünde ist Plural. Singular ist Sund. Und ein Sund ist ein Gewässer, der eine Insel vom Festland absondert. Ich bin abgesondert, gesundet, eine treibende Insel im Ozean der Zeit. Dann wäre Gott das Festland, beständig, Halt gebend. Wir Fundament für ein neues Leben.
Unser Autor
Gerhard Dallmann
ist Pastor im Ruhestand aus Greifswald.
Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Mittwoch.