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Wie informiere ich mich?

Der Social-Media-Post zeigt einen vermüllten Strand von Malaga, dazu ein hämischer Kommentar, das passe ja nicht zu Umweltschützern. Die Erklärung offenbart: Die angebliche Nachricht ist eine Fälschung. Der Müll stammt von dem Fest der Johannisnacht in Malaga und hat nichts mit dem Umweltschutz-Festival zu tun. Der falsche Zusammenhang soll offenbar Umweltschützer in Verruf bringen. Besucherinnen und Besucher der Ausstellung „Nachrichten – News“ im Museum für Kommunikation in Frankfurt am Main können vom 9. Oktober bis 6. September 2026 an verschiedenen Posts testen, ob sie Fälschung von Wahrheit unterscheiden können.

„Es gibt Menschen, die müde sind von Nachrichten und die Nachrichten nicht mehr vertrauen“, sagt die Museumsdirektorin Annabelle Hornung. Der „Reuters Institute Digital News Report“ habe berichtet, dass zwischen 2014 und 2024 das Interesse an Nachrichten in Deutschland und das Vertrauen in deren Glaubwürdigkeit jeweils um ein Drittel gesunken seien. Die Ausstellung führe Besucherinnen und Besucher zu den Fragen: „Wie informiere ich mich? Wie wirken Nachrichten auf mich?“ Die Ausstellung zeigt daneben, was Nachrichten sind, wie sie sich im Lauf der Geschichte entwickelt haben und wie ihre Zukunft aussehen könnte.

Ikonische Nachrichtenbilder auf wandgroßen Leuchttafeln empfangen die Besucher und rufen Erinnerungen wach: Bundeskanzler Willy Brandt fällt 1970 vor dem Ehrenmal des Aufstands im Warschauer Ghetto auf die Knie, Boris Becker spring einen Hechtsprung im Wimbledon-Finale 1985, Lena gewinnt 2010 den Eurovision-Contest. An Hörstationen sagen Befragte ihre Meinung zu Nachrichten. Deutlich wird: Die Aufnahme von Nachrichten hat auch mit den eigenen Erfahrungen und der Lebenssituation zu tun.

Welche Entwicklung die Formen und Verbreitungsweisen der Nachrichten in den vergangenen 500 Jahren genommen haben, illustrieren weitere Stationen: Eine beleuchtete Marktszene um 1550, Flugblätter als erste Medien im 16. Jahrhundert, eine der ersten Zeitungen 1605 aus Braunschweig, die Gründung der ersten Nachrichtenagentur Agence Havas 1835 in Paris. Die Arbeit der Nachrichtenagenturen stellt einen Schwerpunkt der Ausstellung dar, ist sie doch in Kooperation mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) erstellt worden. An einer Hörstation schildert der Journalist Paul Lindau (1839-1919) den Arbeitsalltag in „Wolffs Telegraphischem Bureau“.

Journalistischer Grundsatz ist die Trennung von Nachricht und Meinung, wie Tafeln und ein Video erklären. An interaktiven Stationen können Besucher sich beim Aufdecken von Desinformation üben. So wird etwa im Zusammenhang mit der Klimaerhitzung die Behauptung aufgestellt, dass der Flugverkehr bei einer richtigen Organisation umweltfreundlich sei. Schritt für Schritt lässt sich überprüfen, wie glaubwürdig die Aussage ist. Fachleute erklären in Videos, wie man der Wahrheit auf die Spur kommt.

Die Schwerpunkte Lokaljournalismus und Künstliche Intelligenz erweitern den erstmals im Museum für Kommunikation Berlin gezeigten Grundbestand der Ausstellung. Der Lokaljournalismus bildet den Alltag in seiner ganzen Breite ab und übt eine unverzichtbare demokratische Kontrollfunktion aus, wie Tafeln erläutern. Aber die selbstständigen Lokalzeitungen in Deutschland werden immer weniger: Eine Animation der Hamburg Media School bildet das Entstehen von „Nachrichtenwüsten“ zwischen 1992 und 2023 ab.

Künstliche Intelligenz übernimmt bereits heute Routineaufgaben in Redaktionen und macht das Durchsuchen von Datenmengen möglich, wie die Schau zeigt. Sie weist aber auch auf Verzerrungen hin, die durch vorurteilsbehaftete Trainingsdaten entstehen, und macht auf den Missbrauch durch Fälschungen aufmerksam. Ein Video zeigt eine Rede des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama, diese stellt sich aber als „Deepfake“ heraus: KI als Mittel der Manipulation. Einen Ausblick auf den Nachrichtenkonsum der Zukunft geben neue Instagram-Nachrichtenformate, darunter „@migrawg“. Sie lassen sich in der Schau sogleich aufrufen.