„Wie geht es deinen Soldaten?“

Seit dem Einsatz in Afghanistan hört Alexandra Dierks, Militärpfarrerin aus Wunstorf in Niedersachsen, diese Frage öfter. Dann zeichnet sie ein gemischtes Bild.

Alexandra Dierks
Alexandra DierksPrivat

Wunstorf. „Wie geht es deinen Soldaten?“ Diese Frage wird mir in letzter Zeit öfter gestellt. Im Zuge der Evakuierungsmission aus Afghanistan waren der Fliegerhorst Wunstorf und das Transportflugzeug A400M häufig in den Nachrichten. Die Bilder vom Flughafen Kabul gingen um die Welt, täglich wurde in den deutschen Medien berichtet, wie viele Menschen über die Luftbrücke der Bundeswehr nach Taschkent ausgeflogen wurden.

Bei der Rückkehr aus dem Einsatz wurden die Soldaten unter großem Medieninteresse auf dem Fliegerhorst Wunstorf empfangen. Die Crews, die diese Flugzeuge geflogen und gewartet, beladen und repariert haben, kommen von hier. „Wie geht es deinen Soldaten?“ – Es ist ein gemischtes Bild. Da gibt es schon einen gewissen Stolz darauf, was alle miteinander geleistet haben, wie alles ineinander gegriffen hat, wie gut die Zusammenarbeit geklappt hat, wie leistungsfähig die Bundeswehr und insbesondere auch das Lufttransportgeschwader 62 ist. Die bisher größte Evakuierungsoperation in der Geschichte der Bundeswehr hat funktioniert. Es gibt viel Dankbarkeit, dass alles gut gegangen ist.

Schreckliche Szene

Aber zur Wahrheit gehört auch: Bei den Amerikanern sind 13 Kameradinnen und Kameraden ums Leben gekommen, und darüber sind alle traurig und erschüttert. Erschütterung und Trauer, aber auch Zorn und Hilflosigkeit und großes Mitleid bewegen viele im Blick auf die Lage der Menschen in Afghanistan. Auf dem Flughafen in Kabul und in den Laderäumen der Transportflugzeuge haben sich schreckliche Szenen abgespielt, und die schreienden Kinder, die verzweifelten, weinenden, schreienden Frauen und Männer verfolgen manchen bis in die Träume. Es bricht ihnen das Herz, dass sie helfen wollten, aber nicht allen helfen konnten.

Dabei ist den Soldatinnen und Soldaten bewusst, dass es vor allem politische Versäumnisse waren, die überhaupt erst zu dieser Situation geführt haben. Da gibt es auch viel Bitterkeit und Enttäuschung, dass auf politischer Seite nicht zugehört wurde, wenn es um die tatsächliche Lage in Afghanistan ging. Dass die geradezu flehentlichen Bitten vieler erfahrener Afghanistan-Veteranen, die Ortskräfte frühzeitig auszufliegen, ignoriert wurden. Zum Glück stehen die Beteiligten einander kameradschaftlich bei. Und für alle, die besonderen Gesprächsbedarf haben, ist die Militärseelsorge da, und die anderen Akteure im Psychosozialen Netzwerk. Gemeinsam kümmern wir uns darum, dass es unseren Soldaten gut geht.

Unsere Autorin
Alexandra Dierks ist Pfarrerin im Militärpfarramt Wunstorf.