Wie die neue St.-Pauli-Pastorin Schätze heben will

Ausgerechnet jetzt, wo die Pandemie den Kiez verändert, beginnt die 40-Jährige ihre neue Stelle. Trotzdem will sie für die Menschen da sein – und entdeckt das Viertel für sich ganz neu.

Sandra Starfinger vor ihrem neuen Arbeitsplatz, der St.-Pauli-Kirche
Sandra Starfinger vor ihrem neuen Arbeitsplatz, der St.-Pauli-KircheMarieke Lohse / epd

Hamburg. Zwischen Silbersackstraße, Hafen und Fischmarkt liegt die 200 Jahre alte St. Pauli-Kirche. Sandra Starfinger ist ganz neu im bunten Stadtteil angekommen. Die 40-Jährige ist Hamburgerin „wirklich mit Leib und Seele“, wie selbst sagt. Seit rund vier Monaten ist sie Pastorin auf St. Pauli. Von ihrem Pastorat aus hat sie die Containerschiffe immer im Blick.

Nach und nach lernt sie ihren Stadtteil neu kennen. Denn eigentlich kommt sie aus dem Hamburger Norden. Das Vikariat verbrachte sie in Langenhorn, anschließend war sie acht Jahre Pastorin in Sasel. Dann sollte es eine Veränderung sein. Diesen Absprung zu schaffen, das habe sie auch einiges an Mut gekostet: „Denn bei dem, was ich hatte, wusste ich, dass ich gut daran hatte“, sagt Starfinger. „Und bei dem, was vielleicht kommen würde, wusste ich das natürlich nicht genau.“

Gestartet in der Pandemie

Es sei am Anfang eine Herausforderung, sich selbst in der neuen Umgebung bekanntzumachen und gleichzeitig auch ein Stück weit erkennbar zu sein für die Menschen. „Sie sollen wissen: Bei mir ist ihr Anliegen gut aufgehoben.“ Gestartet ist sie mitten in der Corona-Zeit. Die Pandemie hat den Kiez verändert, beobachtet sie. „Und das macht es für mich auch an einigen Stellen schwieriger zu sagen, wie es denn jetzt hier gerade ist.“

Blick in die Hamburger St. Pauli-Kirche
Blick in die Hamburger St. Pauli-KircheDirtsc / Wikimedia Commons

Sie lebt nun da, wo andere normalerweise in den Clubs feiern, Kneipen erkunden oder durch den „Park Fiction“, den sogenannten Palmen-Park mit künstlichem Karibikflair, schlendern. Hier kann es mitunter sehr bunt zugehen. „Wenn man mitkriegt, dass drum herum etwas lebendig ist, dann finde ich das gut.“ Nicht mehr als Besucherin, sondern als Bewohnerin auf St. Pauli erkundet sie für sich den Stadtteil und die Gemeinde neu. „Es ist tatsächlich oft wie eine Schatzkiste, wenn man den Deckel öffnet, und man entdeckt hier noch etwas und da noch etwas.“

„Wir suchen jemanden, der Lust hat, sich auf das Leben hier auf dem Kiez einzulassen“, hieß es in der Stellenbeschreibung. Das hat sie sofort gereizt. Direkt vor ihrem Pastorat ist normalerweise immer Action, Musik und Stimmung. Sie blickt auf den „Park-Fiction“ und die Hafenstraße. Die laute, lebendige Stimmung gefällt ihr gut, sie schätzt aber auch ab und an leise Töne – etwa wenn es um Gespräche geht. Und manchmal läuft abends draußen die Musik, die sie morgens zum Aufstehen selbst hört. „Das ist doch großartig!“

HSV-Fans auf dem Kiez

Auch die beiden Fußballvereine HSV und St. Pauli sorgen für Stimmung auf dem Kiez. „Es gibt auf St. Pauli durchaus Fans des einen wie des anderen Vereins. Aber der Totenkopf wird hier doch einiges höher gehängt“, sagt sie über den Verein mit dem markanten Logo. Sie selbst hat früher ganz eigene Kiez-Erfahrungen gesammelt. Zu ihrem ersten Konzert ging sie mit ihrem Bruder in die Große Freiheit. Es spielte die britische Rockband „Def Leppard“, die sie heute noch sehr schätzt. „Das werde ich bestimmt nie vergessen.“

Für das Jahr 2021 hat sie als neue Pastorin auf St. Pauli eine klare Vision: „Ich wünsche uns allen hier im Umfeld der St. Pauli-Kirche, dass wir mit gutem Blick nach vorn schauen.“ Und dabei möchte sie genau die Pastorin sein, die sie jetzt in Teilen schon ist, „und dann mit der Zeit vielleicht noch ein bisschen offener für diese Besonderheiten hier vor Ort“. Gemeinsam mit ihrer Gemeinde möchte sie dann neue Schätze heben. (epd)