Wie die Kirche Nachbarn vernetzt

Andachten zum Mitnehmen oder direkt in den Briefkasten gesteckt. Kirchengemeinden entwickeln derzeit mit viel Fantasie Ideen, um einfach da zu sein. Auch die Jugend geht voran.

Vor der Schweriner Paulskirche hängen Andachten zum Mitnehmen
Vor der Schweriner Paulskirche hängen Andachten zum MitnehmenMarion Wulf-Nixdorf

Greifswald. Der „Israel-Dankeschön-Abend“ der Propsteijugend Stralsund fiel aus. Auch der WLAN:D-Gottesdienst. Andachten, Teamerkurs-Wochenenden, Kinder- und Jugendfreizeiten – auch für die Jugend bringt die Corona-Krise große Einschnitte im Alltag mit sich. In Fernsehberichten über Treffen in Parks und „Corona-Partys“ war zuletzt häufig gerade dieser Generation ein Mangel an Verständnis für die Situation vorgeworfen worden.

Ein sehr verkürztes Bild, wie andere Beispiele zeigen. Denn in den Kirchenkreisen MV ist es ebenfalls die Jugend, die so einiges in Sachen Solidarität auf die Beine stellt. „Uns ist klar, dass es sehr frustrierend sein kann, auf sein normales Leben, seine Freunde und die kirchlichen Angebote verzichten zu müssen“, sagt die Pommersche Jugendvertretung und ruft zur Unterstützung der Maßnahmen gegen die Corona-Ausbreitung auf: „Es liegt an uns allen, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um dieser noch nie da gewesenen Krise entgegenzutreten.“

In die Tat umgesetzt haben dies bereits die drei evangelischen Altstadtgemeinden in Greifswald. „Wir haben einen Unterstützerkreis für Einkaufs- und Botendienste aufgebaut“, sagt Kassandra Engel vom gemeindeübergreifenden Projekt „Lebenswelten – Jugend findet Stadt“. „Wir haben die Idee der Nachbarschaftshilfe über Nachrichtendienste verbreitet, und die Resonanz unter Jugendlichen war riesig.“

Schnelle Hilfe

40 Helfer meldeten sich schnell. Die ersten Einkäufe konnten Jugendliche schon erledigen. „Der Bedarf wird jetzt sicher schnell steigen“, meint die Jugendarbeiterin. Zumal es eine gute Vernetzung zum „Treffpunkt Kirche“ gibt, in dem sich sonst vor allem Senioren treffen. „Wir werden darauf zurückkommen“, war die Rückmeldung der älteren Menschen aus der Lomonossowallee.

Schöne Berichte über Nachbarschaftshilfe erreichen unsere Redaktionen immer wieder. Eine fast 80-jährige Schwerinerin erzählte von einem Zettel in ihrem Briefkasten. Ein 17-Jähriger bot ihr Hilfe beim Einkauf an. Sie hat ihn sofort angerufen und sich bedankt. Noch geht sie allein. Aber sie weiß, auf wen sie zurückgreifen kann – ihre Kinder wohnen alle verstreut in Deutschland.

Ermunterung an alle Generationen

In Stralsund bieten die katholische Gemeinde und die Caritas mit den Lazarusdiensten eine Hotline, über die Ehrenamtliche nicht nur Mut machen, sondern auch ganz praktisch bei Einkäufen unterstützen. „Da schließen wir uns an“, erzählt Thomas Nitz vom Nachbarschaftszentrum Auferstehungskirche des Kreisdiakonischen Werks (KDW). „Eine Gruppe syrischer Anwohner hatte zuvor schon Hilfe angeboten, die nun ebenfalls organisiert wird.“

„Diese Krise wird uns allen etwas abverlangen und wir möchten euch bestärken und ermuntern, durchzuhalten“, sagt die Jugendvertretung. Eine Ermunterung, die wohl alle Generationen beherzigen dürfen.

Info
Die Hotline der Caritas in Stralsund ist erreichbar unter der Telefonnummer 03831/463 92 39, das Nachbarschaftszentrum unter Telefon 03831/45 82 60. In Greifswald ist die Nachbarschaftshilfe unter 03834/88 33 75 oder 03834/2627 erreichbar oder Sie wenden sich per E-Mail an zusammen@pek.de.