Wie der Dialog der Religionen mit Leben gefüllt werden kann

Bischöfin Fehrs wünscht sich mehr Räume für den gelebten Dialog. Einig waren sich Vertreter aller Religionen: Die Gläubigen müssen im Gespräch bleiben.

Symbole für den Islam, das Judentum und das Christentum
Symbole für den Islam, das Judentum und das ChristentumVladimir Melnik / Fotolia

Führende Religionsvertreter in Hamburg haben angekündigt, den interreligiösen Dialog in der Hansestadt zu stärken. Der Dialog der Religionsvertreter habe positive Auswirkungen auf die ganze Stadt, sagte Landesrabbiner Shlomo Bistritzky am Dienstagabend in der Hamburger Universität. Der interreligiöse Dialog müsse allerdings ohne politische Interessen geführt werden, betonte Ayatollah Reza Ramezani, schiitischer Imam der Alster-Moschee. Im Dialog müsse nicht nur gesprochen, er müsse auch gelebt werden, ergänzte Ramazan Uçar, Imam der Centrums-Moschee St. Georg.
Der interreligiöse Dialog werde seit rund 20 Jahren in Hamburg "eingeübt", sagte die evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs. Dabei gebe es auch immer Ängste und Zweifel, wenn man neue Wege geht. Ein solch neuer Weg sei in Hamburg der gemeinsame Religionsunterricht für alle Kinder, der derzeit neu gestaltet werde. Zum interreligiösen Dialog gebe es keine Alternative, erklärte der katholische Weihbischof Hans-Jochen Jaschke. Er brauche aber auch offene Worte. Auch Nicht-Gläubige müssten in den Dialog einbezogen werden, forderte die Islam-Professorin Katajun Amirpur. Nach den islamischen Geboten müssten auch Menschen ohne Religion anerkannt werden.

Warum wenden sich die Menschen ab von der Spiritualität?

Kritische Töne waren die Ausnahme in der Debatte. Grundlage des Dialogs sei der Respekt, betonte Ayatollah Ramezani. Beleidigungen und Schmähungen der Religion müssten klar von der Meinungsfreiheit getrennt werden. Gemeinsam sollten sich die Religionsvertreter fragen, warum sich die Jugend von der Spiritualität abwende und die Gesellschaft so depressiv sei, dass sie zu Drogen und Medikamenten greifen müsse. Imam Uçar beklagte, dass die Medien die Aussagen der muslimischen Verbände nicht ausreichend berücksichtige. "Wir dringen mit unseren Anliegen nicht durch."
Beklagt wurde, dass es an Möglichkeiten der Begegnung in Hamburg fehle. "Wir brauchen Räume, wenn wir darüber reden wollen, woran wir glauben", sagte Bischöfin Fehrs. Für einen Dialog in der eigenen Nachbarschaft gebe es offenbar eine hohe Schwelle, ergänzte der evangelische Theologie-Professor Ulrich Dehn. Imam Uçar wies auf kulturelle Unterschiede hin: In der Türkei würde man neue Nachbarn begrüßen, in Deutschland müssten sich neue Nachbarn dagegen selbst vorstellen. Uçar: "Bitte klopfen Sie an die Tür Ihrer Nachbarn."
Die Debatte war Teil der ersten internationalen christlich-muslimischen Konferenz vom 11. bis 15. April in Hamburg. Zuvor hatten die rund 20 Religionsvertreter jüdische, christliche und muslimische Einrichtungen besucht.