Wenn die Kirche zur Dauerbaustelle wird

Kaum ist eine Sanierungsphase abgeschlossen, folgt die nächste. In der St.-Johannis-Kirche auf Föhr gehen die Handwerker ein und aus. Die Gemeinde lässt sich davon nicht entmutigen.

Die St.-Johannis-Kirche auf Föhr
Die St.-Johannis-Kirche auf FöhrCatharina Volkert

Nieblum/Föhr. Rot leuchtet sein Backstein in der Eingangshalle des Friesendoms. Doch auch weiße Sporen übersäen das Mauerwerk. „Man kann es schmecken“, sagt Pastorin Kirsten Hoffmann-Busch. Sie streicht mit dem Zeigefinger über das Mauerwerk und leckt daran: „Das ist Salpeter, also Salz.“

Für knapp 120.000 Euro wurde 2017 der Vorraum der Kirche in Nieblum auf Föhr saniert. Der Grund war die Feuchtigkeit im Mauerwerk. „Aber in der Kalkfarbe gab es noch einen geringen synthetischen Anteil“, erklärt Hoffmann-Busch. Der Salpeter gelangte wieder in das Gestein. Nun werde allein Sumpfkalk verwendet, hergestellt in der Grube nach alter Tradition. Es ist ein Kalk, der atmen lässt – wie auch „die Kirche lebt und atmet“, so Kirsten Hoffmann-Busch.

Salzhaltig und feucht ist sie, die Nordseeluft. „Die Leute macht sie gesund“, sagt Pastorin Hoffmann-Busch. „Aber für die Kirche ist sie ein Fluch.“ Einige Leute wunderten sich schon, wenn sie das gerade erst sanierte Mauerwerk sehen, auf dem sich das Salz zeigt. „Wir haben doch gerade erst Geld gespendet. Warum sieht das denn jetzt schon wieder so aus?“

Problem salzige Luft

Die feuchte, salzhaltige Luft, die Kurgäste auf die Nordseeinsel lockt, sie zieht in die alten Gemäuer der St.-Johannis-Kirche, die liebevoll „Friesendom“ genannt wird, galt er doch früher als Glaubenszentrum der „Uthande“, der Halligen und Marschen der Nordsee.

Schon seit Jahren folgt eine Sanierung auf die nächste. Es begann wohl mit dem Dach, durch das es in den 90er-Jahren regnete – lange bevor Kirsten Hoffmann-Busch mit ihrer Familie auf die Insel kam. Dann kam etwa die Erneuerung des Schieferdachs, das im ersten Bauabschnitt 2006 ersetzt werden musste, Hölzer im Dachstuhl waren verfault, und auch die alte Westmauer musste erneuert werden. Die Kosten: 530.000 Euro. Fortsetzungen folgten.

Sechster Bauabschnitt war 2014/2015 der Turm, dessen Nord- und Südwand saniert wurde. „In den 70er-Jahren meinte man es gut und goss ihn mit dem damaligen Wundermittel Beton aus“, erklärt Kirsten Hoffmann-Busch. Dieser dehnte sich aus, sprengte das Mauerwerk der Kirche aus dem 13. Jahrhundert. 370.000 Euro kostete die Instandsetzung. 12.000 Euro trug davon die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Aber die Baustelle brachte auch Überraschungen mit sich: Alte Öffnungen fanden die Handwerker und Schmuckbänder über den Fenstern.

Gerade ist die Sakristei eine Baustelle, die Maler haben ihr Gerüst aufgestellt, die Restauratorin ist für den Herbst angemeldet. Etwa 33.000 Euro werden die Überholung des Fensters, die neue Verschlemmung der Kalkwände und erstmals auch eine Heizung etwa kosten.

Keine Arbeiten im Winter

Seit 2013 ist Hoffmann-Busch mit ihrem Mann im Inselpfarramt der Kirchengemeinde St. Johannis. Die beiden kamen mit ihren drei Kindern aus Mecklenburg. Dass sie nun auch als Expertin im Kirchenbau gefragt ist, stört die Theologin wenig. „In meinem ersten Amtsjahr als Pastorin wurde meine Kirche vor Weihnachten gesperrt, da Einsturzgefahr drohte“, erzählt sie mit einem gelassenen Lächeln. Anträge an Stiftungen sind ihr genauso vertraut wie Kostenvoranschläge oder Kirchenbau. „Aber wir haben auch einen sehr guten Architekten, der extra aus Eckernförde kommt, um uns zu beraten.“

Meistens stemmen Kirchengemeinde und deren Förderverein, der 2003 gegründet wurde, die Kosten. „Immer, wenn man anfängt, denkt man, ‚wie soll man das bloß wuppen‘, erzählt Pastorin Busch-Hoffmann. „Aber ein Kirchenältester sagt immer: ‚Lass uns erst mal anfangen. Das kommt schon‘.“ So bleibt die Kirche, die lebt und atmet, ein Dauerprojekt.

An den Mauern des Dauerprojekts wird besonders zwischen März und November gearbeitet. „Kalkmörtel darf nur bei einer Außentemperatur von mindestens 5 Grad verarbeitet werden“, erklärt Kirsten Hoffmann-Busch. Sonst bereite die Statik Probleme. „Es wird also immer gebaut, wenn Saison ist. Aber das hilft auch, die Menschen sehen, dass etwas passiert.“ Auch so komme Geld in die Spendendose.