Wenn die Seelsorge zu kurz kommt

Seit drei Jahren hat Hamburg ein christlich-diakonisches Hospiz. Hier liegt Verkündigung und Seelsorge bei den Ehrenamtlichen. Das wird zu einem Problem.

Das Emmaus-Hospiz mit der Blankeneser Kirche am Markt im Hintergrund
Das Emmaus-Hospiz mit der Blankeneser Kirche am Markt im HintergrundPrivat

Hamburg. 10 Betten, 26 hauptamtliche Mitarbeiter, 40 ehrenamtliche, 237 Menschen, die betreut und in den Tod begleitet wurden – und das seit genau drei Jahren. Das sind die Zahlen, die für das Emmaus-Hospiz stehen.

Und: eine Frau. Clarita Loeck. Auch sie steht für das Hospiz. 70 Jahre alt ist sie, Theologin, das Hospiz geht auf ihr Engagement zurück, das 2005 mit einem Pflegedienst und einem Verein begann. Diese Frau nennt eine weitere Zahl: 25 Prozent. Eine Viertel-Pfarrstelle, die eine Lücke füllen würde.

Um Spenden geworben

Die Lücke, die weder Loeck noch einer der anderen Ehrenamtlichen an manchen Tagen zu schließen vermag. „Es geht um das tägliche Brot“, sagt Clarita Loeck, die selbst ehrenamtlich aktiv ist. Um die ständige Fürsorge für die Gäste, wie die todkranken Menschen hier genannt werden, die Kontinuität eines Seelsorgers – und eben auch um das, was auf ihrem Schreibtisch liegt.

Clarita Loeck ist diejenige, die Andachtspläne koordiniert, als Seelsorgerin gefragt ist – und um Spenden wirbt. Denn nicht alle Gebühren übernehmen die Krankenkassen. Jeweils fünf Prozent aller Kosten pro Gast müssen Hospize selbst finanzieren, so will es der Gesetzgeber. Das Hospiz ist in Trägerschaft der Stiftung Emmaus-Hospiz und wird betrieben von der Pflege­diakonie des Kirchenkreises Hamburg-West/Südholstein.

Clarita Loeck vor dem Eingang zum Hospiz
Clarita Loeck vor dem Eingang zum HospizEmmaus-Hospiz

Für das christliche Profil ist Loeck zuständig. „Ein sehr gut organisiertes System ist es, aber auch sehr filigran“, beschreibt sie den Alltag im Hospiz in Nachbarschaft der Kirchengemeinde Blankenese. Ein großes Netz an Unterstützern gibt es zwar, der ehemalige Michel-Hauptpastor Helge Adolphsen oder Bischöfin Kirsten Fehrs haben hier schon gepredigt.

Aber das filigrane System ist auf etwas Glück und Ehrenamt angewiesen, wie etwa auf das Engagement des Seelsorgers Friedrich Brandi. Er ist Pastor im Ruhestand – und macht Seelsorge auf Bestellung. Er kommt zur Sterbebegleitung ins Hospiz, immer dann, wenn ihn jemand anruft, erzählt er. In einem Kurs hat er mit Ehrenamtlichen zudem das Aussegnen von Verstorbenen geübt.

Keine Andacht zu Ostern

Wenn aber niemand Zeit hat, gibt es auch keine Seelsorge und keine Andachten, so zum Beispiel Ostern 2019. Darauf wies Hinrich C.G. Westphal, Pastor, Journalist und einer der zahlreichen Unterstützer des Hospizes, in einem Beitrag in den „Evangelischen Stimmen“ hin. „Dass eines der höchsten christlichen Feste in einem Hospiz nicht stattfinden kann, ist bedenklich“, schreibt er – und fordert den Einsatz von Nordkirche und Kirchenkreis, um der Kirchengemeinde Blankenese nicht eine weitere Aufgabe zuzumuten.

Hospize seien eine urchristliche Erfindung, erklärt er und verweist auf die Geschichte der Klöster. Sie seien auch eine Chance. Die Kirche dürfe es nicht versäumen, „in der letzten Lebensphase kompetent präsent zu sein“, schreibt er.

„Wir arbeiten an einer Lösung“

Das Hospiz mit seinem Verein und seiner Stiftung hat diesen Einsatz immer wieder gefordert, ob nun im Gespräch mit Bischöfin Kirsten Fehrs oder dem Kirchenkreis. Hier scheint sich nun etwas zu tun. „Wir arbeiten an einer Lösung“, sagt Sprecherin Monika Rulfs. Propst Frie Bräsen habe bereits entsprechende Gespräche geführt.

Bis dahin sind es die Glocken, die kontinuierlich in Blankenese von der Auferstehungshoffnung erzählen: Wenn ein Mensch im Emmaus-Hospiz verstorben ist, dann läuten die Totenglocken der Kirche am Markt. Dafür gibt es eine Fernbedienung im Hospiz.