Eine fröhliche Feier am Ende einer kirchlichen Tagung. Rund 50 der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sitzen noch gemütlich in einem rustikalen Brauhaus zusammen. Nach anstrengenden Debatten in den letzten Tagen wird jetzt gelacht, gegessen und getrunken.
Gegen Mitternacht wende ich mich schließlich an die Kellnerin, um die Rechnung zu begleichen. Zwei Radler und ein Schnitzel. Da sieht mich die junge Frau lächelnd an und sagt: „Der Herr zahlt für alle.“
Ich staune. Solch theologischen Tiefsinn hatte ich an diesem Abend nicht mehr erwartet; vor allem nicht vom Brauhaus-Personal.
Sollte sich so handfest bewahrheiten, was Jesus in der Bergpredigt sagt: „Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet.“
Oder will mir die Kellnerin um diese Zeit tatsächlich noch die Erlösungslehre näherbringen?
Als ich sie jedenfalls ungläubig ansehe, präzisiert sie ihre Auskunft: „Der Herr im weißen Hemd zahlt. Der da hinten!“ Und sie zeigt auf einen mir bekannten kirchlichen Würdenträger, der offensichtlich die Rechnung für die gesamte Gesellschaft übernimmt.
Das leuchtet mir auch gleich ein, denn er wurde während der Tagung in ein höheres Amt gewählt. So profan endet also die mitternächtliche Irritation im Restaurant.
Aber so oder so – ich kann mein Portemonnaie in der Hosentasche stecken lassen. Und ich habe ein bisschen ein schlechtes Gewissen, denn ich bin wohl der Einzige, der hier in dieser Runde nicht nur getrunken, sondern auch gegessen hat.
Vielleicht haben sich die anderen bewusst zurückgehalten, weil sie wussten, dass der Herr zahlt.