Weiter über Kreuz

Der Versuch beim Kirchentag, einen Dialog zwischen AfD und Kirchen zu starten, scheint gescheitert. Die Partei attackiert die Kirchen – und spricht Käßmann ab, eine aufrichtige Christin zu sein.

Margot Käßmann
Margot KäßmannFriedrich Stark / epd

Die Kirchen treffen sich regelmäßig mit den verantwortlichen Parteien zum Meinungsaustausch, auch da allerdings mit Abstufungen. So gilt zum Beispiel das Verhältnis zur Linkspartei aufgrund ihrer Geschichte und kirchenkritischen Positionen als angespannt. Ein Sprecher der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) wies den Vorwurf der Dialogverweigerung zurück, indem er auf die auf dem Kirchentag geführte Debatte verwies.

Kontakte zu konservativen Christen

Gute Kontakte gibt es Meuthen zufolge dagegen zwischen AfD und konservativen Christen, etwa evangelikalen Strömungen, die eine konservative Bibelauslegung vertreten. Diese Kontakte seien aber nicht institutionalisiert, sagte er.
Meuthen nutzte das Podium auch für eine scharfe Attacke gegen EKD-Reformationsbotschafterin Margot Käßmann. Die frühere Bischöfin und EKD-Ratsvorsitzende hatte in einer Bibelarbeit beim Kirchentag die Forderung der AfD nach einer Erhöhung der Geburtenrate der einheimischen Bevölkerung in Zusammenhang mit dem Arierparagrafen der Nationalsozialisten gebracht. In diesem Kontext sagte sie: „Zwei deutsche Eltern, vier deutsche Großeltern. Da weiß man, woher der braune Wind wirklich weht.“
Aus dem Zusammenhang gerissen wurde das Zitat vor allem bei Twitter zur Unterstellung, Käßmann habe alle mit deutschen Ahnen zu Neonazis erklärt, was sie selbst als „lächerlich und absurd“ zurückwies. Auch Meuthen beteiligte sich an der Empörungswelle: „Vom Heiligen Geist verlassen. Bischöfin Käßmann beleidigt Millionen Deutsche als Nazis“, twitterte er und sah auch am Montag keinen Grund, zurückzurudern. Das sei nicht aus dem Zusammenhang gerissen, sagte er.

Käßmann „keine aufrichtige Christin“

Im Zusammenhang werde es noch schlimmer, setzte Meuthen dann nach. Er verwies auf die demografische Entwicklung und sagte, Käßmann sei „zwei Dinge gewiss nicht: eine aufrichtige Christin und klug“. „Man könnte das schon fast als krank bezeichnen“, sagte er. Die kirchenpolitischen Forderungen der AfD blieben indes eher unklar. Meuthen sagte, die Kirchensteuer habe Vorteile. Die Staatsleistungen, die an die Kirchen als Entschädigung für Enteignungen im Zuge der Säkularisierung bis heute gezahlt werden, müssten aber hinterfragt werden. Der Vorsitzende des AfD-Landesverbandes Niedersachsen, Armin-Paul Hampel, sagte, der Einzug von Kirchensteuer setze „Rechtstreue“ voraus, und stellte diese Rechtstreue der Kirchen mit Verweis auf das Kirchenasyl infrage.
Verärgert ist die AfD weiter über den Slogan „Unser Kreuz hat keine Haken“, unter dem auch die Kölner Kirchen im April gegen den dortigen AfD-Bundesparteitag demonstriert hatten. Hampel forderte von der „Führung der evangelischen Kirche“, diesen Satz zurückzunehmen und deutete an, dies wiederum vonseiten seiner Partei zu einer Bedingung für den Dialog mit den Kirchen zu machen. (epd)Berlin. Die Positionen unvereinbar, im Umgang aber sachlich, bilanzierten Beobachter das Gespräch zwischen AfD und Kirche beim evangelischen Kirchentag in Berlin. Der Berliner Bischof Markus Dröge diskutierte dort am vergangenen Donnerstag mit Anette Schultner von den „Christen in der AfD“ – einer Vertreterin aus der zweiten Reihe. Die Führung der rechtskonservativen Partei hatten die Organisatoren als Podiumsgäste ausgeschlossen. Vor dem Kirchentag hielt sich das Spitzenpersonal darüber auffällig zurück. Danach teilt es nun umso heftiger aus und verschärft den Ton erneut. Die Kirchen verweigerten den Dialog, kritisierte der Co-Vorsitzende Jörg Meuthen,  und attackierte vor allem die Theologin Margot Käßmann für ihre AfD-Kritik.
Meuthen sprach von „Dialogverweigerung“ und warf den Kirchen vor, die AfD zu „diffamieren“. „Gesprächsangebote lehnen sie kategorisch ab“, sagte Meuthen, räumte zugleich aber ein, dass es eine offizielle Anfrage der Parteispitze an die Kirchen für Gespräche, ob öffentlich oder informell, in der Form noch gar nicht gegeben hat.