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Weder “Wohlfühlausstellung” noch “Horrorshow”

Sicherlich, räumt Peter Wolf ein, Kindsein im Mittelalter war für die allermeisten Heranwachsenden kein Zuckerschlecken. „Kindheit im Mittelalter bedeutete auch eine hohe Sterblichkeit, viele Krankheiten und für viele Kinder harte Arbeit“, sagte der stellvertretende Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag in Rothenburg ob der Tauber. Dort nämlich wird 2028 die Bayerische Landesausstellung mit dem Titel „Kinder im Mittelalter“ stattfinden.

Es wird das erste Mal sein, dass eine Landesausstellung dezidiert das Lebensalter Kindheit zum Schwerpunkt hat, sagte er. Zwar hätten die Perspektiven von Kindern und auf Kinder auch in anderen Landesausstellungen eine Rolle gespielt, „aber noch nie so zentral“. Dass man sich der Kindheit nun ausgerechnet in Kombination mit der Epoche des Mittelalters widme, sei durchaus ambitioniert: „Die meisten Historiker lassen das Thema bei ihren Forschungen außen vor – dabei war doch jeder selbst einmal Kind oder hat selbst Kinder.“

Die Bayerischen Landesausstellungen finden jedes Jahr an einem anderen Ort und zu einem anderem Thema statt. Kommunen können sich als Austragungsort bewerben – so war das auch bei Rothenburg, erläuterte der Vize-Direktor des in Augsburg beheimateten Hauses der Bayerischen Geschichte. „Für uns ist es wichtig, dass das Thema einer Landesausstellung auch gut zum Ausstellungsort passt.“ Das sei in der früheren Reichsstadt Rothenburg mit seinen pittoresken mittelalterlichen Fachwerkhäusern natürlich bestens gegeben.

Aber gab es das überhaupt: Kindheit im Mittelalter? „Ja, natürlich gab es das – man konnte damals auch Kind sein, aber eben anders als heute“, erläuterte Wolf. Freilich galten Kinder im Zeitalter zwischen dem 6. und 14. Jahrhundert vor allem als „kleine Erwachsene“: „Sobald sie ein Werkzeug halten konnten, mussten sie helfen“, sagte Wolf. Gleichwohl hing das vor allem im Spätmittelalter (1250 bis 1500) vom sozialen Status ab: Kinder aus adeligen oder wohlhabenden Bürgerfamilien hatten durchaus Zeit zum Spielen und Kindsein.

Die Landesausstellung will all diese Facetten beleuchten – und auf keinen Fall eine „Wohlfühlausstellung“ zum Mittelalter präsentieren, aber eben auch keine „Horrorshow“, stellte Wolf klar. Details zur Landesausstellung stehen noch nicht fest: „Die eigentliche Recherche und Arbeit beginnt erst.“ Am Donnerstag wurde im Rathaus im Beisein des bayerischen Kunstministers Markus Blume (CSU) erst einmal die Kooperationsvereinbarung zwischen der Stadt Rothenburg und dem Haus der Bayerischen Geschichte unterzeichnet.

Blume betonte, dass bei der Landesausstellung in Rothenburg in etwas mehr als drei Jahren „Geschichte lebendig“ werden soll – dafür sollen unter anderem „multimediale Highlights“ in der Ausstellung, vor allem aber das „mittelalterliche Flair“ Rothenburg sorgen. Rothenburg ziehe als „Inbegriff der romantischen Stadt“ bereits heute Touristen aus aller Welt an. Auch das Haus der Bayerischen Geschichte komme „gerne zurück“. Bereits vor 41 Jahren wurde dort die Landesausstellung „Reichsstädte in Franken“ gezeigt.

Ausstellungsort soll die Reichsstadthalle sowie das dazugehörige Außengelände am südlichen Rand der Altstadt werden, hieß es. Auf diesem Außengelände wird auch eine Premiere umgesetzt, kündigte Wolf an. Dort soll eine „Erlebnislandschaft“ abseits der eigentlichen Ausstellung entstehen. Ziel sei es, dort bei einer „Zeitreise ins Mittelalter“ seiner Fantasie freien Lauf lassen zu können. Auf dem Freigelände sollen darüber hinaus thematisch passende Veranstaltungen während der Landesausstellung stattfinden. (00/3861/05.12.2024)