Nach monatelangem Gezerrre haben sich Union und SPD auf zentrale Punkte der Bürgergeld-Reform geeinigt. Für die staatliche Leistung, die künftig „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ heißen soll, sind deutlich strengere Regeln vorgesehen. Der Evangelische Pressedienst (epd) gibt einen Überblick:
* SANKTIONEN: Bisher beginnen die Sanktionen gegen Menschen im Bürgergeldbezug, die sich unkooperativ verhalten, bei einer Kürzung des Regelsatzes um zehn Prozent und enden bei dessen Streichung. Miet- und Heizkosten werden stets weiter bezahlt. Das soll künftig nicht mehr gelten: Versäumt jemand hintereinander mehr als drei Termine mit dem Jobcenter, „werden alle Leistungen einschließlich Kosten der Unterkunft komplett eingestellt“, wie es im Beschlusspapier des Koalitionsausschusses heißt. Ausnahmen soll es unter anderem für Menschen mit psychischen Erkrankungen geben. Es sei wichtig, „dass wir nicht die Falschen treffen“, sagte Sozialministerin Bärbel Bas (SPD) am Donnerstag.
Schon beim zweiten Terminversäumnis oder der ersten Pflichtverletzung – etwa der Verweigerung einer Fortbildung – wird künftig der Regelsatz um 30 Prozent gekürzt. „Sofern der Leistungsberechtigte die Arbeitsaufnahme verweigert“, wird laut dem Papier der Regelsatz gestrichen. Auch die Miete wird dann nicht mehr ausgezahlt, sondern direkt an den Vermieter überwiesen.
Im Jahr 2019, zu Zeiten des Hartz-IV-Systems, hatte das Bundesverfassungsgericht die komplette Streichung der Regelsätze und der Mietzahlungen gestoppt und dafür hohe Hürden aufgestellt. Bas äußerte sich trotzdem überzeugt, mit der Reform „auf der sicheren Seite zu sein“. Die Spielräume des Urteils würden voll ausgeschöpft.
* WOHNKOSTEN: Die zwischenzeitlich von der Union geforderte Pauschalierung ist offenbar vom Tisch. Somit bekommen die Menschen in der Grundsicherung das Geld, das sie monatlich für Miete und Heizkosten ausgeben, weiterhin individuell überwiesen. „Bei unverhältnismäßig hohen Kosten der Unterkunft“ soll laut Beschlusspapier allerdings die Karenzzeit entfallen. Bisher wird erst nach einem Jahr geprüft, ob die Miete als angemessen eingestuft und somit komplett vom Staat bezahlt wird. Für die Höhe der Heizkosten gibt es schon heute keine Karenzzeit.
* SCHONVERMÖGEN: Bevor jemand Bürgergeld bekommt, muss er in einem gewissen Rahmen sein Vermögen aufbrauchen. Derzeit gilt dies im ersten Jahr des Bezugs für Vermögen über 40.000 Euro für die Leistungsbeziehenden und 15.000 Euro für jeden weiteren Menschen in der Bedarfsgemeinschaft, also etwa Kinder. Nach Ablauf des Jahres gilt einheitlich eine Grenze von 15.000 Euro pro Person. Nun soll die Karenzzeit entfallen. Das Schonvermögen soll „an die Lebensleistung der Betroffenen gekoppelt“ werden, „zum Beispiel durch Orientierung an Alter und bisherigen Beitragszeiten in der Arbeitslosenversicherung“. Konkrete Schwellenwerte nennt das Papier nicht.
* VERMITLUNGSVORRANG: Derzeit ist die Vermittlung in Arbeit nicht immer das oberste und unmittelbare Ziel im Umgang mit Leistungsbeziehenden. Die Betroffenen sollen stattdessen zunächst eine Aus- oder Weiterbildung absolvieren oder ähnliche Maßnahmen wahrnehmen, wenn das sinnvoll erscheint, um ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Künftig soll der Vermittlungsvorrang wie im Hartz-IV-System wieder gelten. Wenn aber „eine Qualifizierung mit Blick auf die dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt erfolgsversprechender erscheint“, soll diese Vorrang haben, besonders bei Menschen unter 30.
* EINSPARUNGEN: Vor allem Politiker der Union nannten zuletzt sehr hohe Beträge, die sich beim Bürgergeld einsparen ließen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sprach im September von fünf Milliarden Euro. Bas sagte aber am Donnerstag, der geschätzte Sparbetrag, der im Gesetzentwurf stehe, werde „sehr klein sein“. Klar sei, „dass wir nur Geld sparen, wenn wir die Menschen in Arbeit bringen“.