Warum die Sanierung einer Kirche völlig schief lief

Seit Jahrhunderten trotzt die Kirche in Bornhöved Kriegen und Witterungen. Ausgerechnet Sanierungsarbeiten haben ihr große Schäden zugefügt. Jetzt wird gerettet, was noch zu retten ist.

Die Pastorinnen Pastorin Annett Weinbrenner (li.) und Ulrike Egener und  zeigen, wie sich das Mauerwerk beult
Die Pastorinnen Pastorin Annett Weinbrenner (li.) und Ulrike Egener und zeigen, wie sich das Mauerwerk beultBettina Albrod

Bornhöved. Die Kirche St. Jacobi in Bornhöved ist 870 Jahre alt. Sie hat den Dreißigjährigen Krieg, viele Scharmützel und zwei Weltkriege ohne Schaden überstanden. Eine Sanierung im Jahr 2000 hat das historische Bauwerk dagegen fast in die Knie gezwungen – buchstäblich, denn durch falschen Mörtel sacken die alten Kirchenmauern aus Feldstein in sich zusammen. Seit 2017 wird die misslungene Sanierung nun wiederum saniert – dafür übergab Bildungsministerin Karin Prien vor kurzem zwei Förderbescheide an Pastorin Ulrike Egener. 250.000 Euro kommen aus dem Denkmalschutzförderunsprogramm des Bundes und weitere 50.000 Euro sind Landesmittel.

„Im Sommer 2000 hatten sich kleine Risse in der Kirchenwand gezeigt, deshalb sollte sie neu geweißt werden“, erinnert sich Pastorin Ulrike Egener. Daraus habe sich ein umfangreiches Projekt entwickelt, bei dem das ganze Außenmauerwerk saniert wurde. Dafür seien die historischen Feldsteine der Mauern freigelegt und anschließend mit Mörtel aus Muschelkalk neu verfugt worden. Allerdings sei der Muschelkalk unsachgemäß mit Wasser angerührt worden – was dazu führte, dass er weich wurde und in einer chemischen Reaktion Natriumsulfat bildete, das die Masse auch noch wie einen Hefeteig aufgehen ließ. „Einzelne Feldsteine lassen sich ganz einfach aus dem Mauerwerk lösen.“

Bettina Albrod

Schon 2001 bemerkten Besucher erste auffällige Risse, und bald mussten sogenannte Anker gesetzt werden, um die Wände stabil zu halten. Beulen und zusätzlich Setzrisse bildeten sich, wo eigentlich glatte Wände sein sollten. Später zeigte sich, dass auch die schon bezahlte Dachisolierung unterblieben war und eine falsche Entwässerung zusätzlich Wasser in das Mauerwerk leitete.

Vor Gericht wurde zwar die Schuldfrage geklärt, es stand aber wegen einer Unterversicherung kein Geld zur Verfügung. 2017 fiel der Entschluss zu einer neuen Sanierung, um die Kirche, eine der ältesten in Schleswig-Holstein, zu erhalten. „Die Kredite für die alte Instandsetzung sind noch nicht abgezahlt, und nun kostet die neue Sanierung weitere 1,2 Millionen Euro“, bilanziert Egener.

Geld, das die Gemeinde nicht hat. Und so arbeiten Bund, Land, Kirchengemeinde, Stiftungen und viele Spender zusammen, um dem historischen Bauwerk wieder auf die Beine zu helfen. Begleitet vom Denkmalschutz wurde in einem ersten Bauabschnitt der Wandbereich neben dem Eingang saniert. „Dafür wurden die Feldsteine heraus genommen, gesäubert, nummeriert und dann mit einem Gipsmörtel wieder eingesetzt“, erläutert Egener. Teils würden auch Feldsteine aus einer Kiesgrube, die genauso alt seien wie die Wandsteine, ergänzt. Statiker begleiten den Prozess. „Die Bewegung der Kirche wird gemessen und liegt bei wenigen Millimetern“, so die Pastorin. Wegen des soliden Feldsteinfundaments und der Dicke der Wände bestehe aber keine Einsturzgefahr.

2024 soll alles fertig sein

Bauhistoriker haben ihre Freude an dem Ganzen, bei den Arbeiten stoßen sie auf interessante Einblicke in die Baukunst von 1149, dem Baujahr der Kirche. „In der Wand war ein Loch mit Birkenrindenmuster. Daran konnte der Historiker ablesen, wie früher Gerüste angelegt waren“, berichtet die Pastorin. Dünne Stämme wurden als Tritte eingebaut und nach Fertigstellung heraus gezogen – daher das Loch.

In einem zweiten Bauabschnitt sollen für 560.000 Euro die Nordwand und der Übergang zum Altarraum saniert werden. Der „Kreis der Freunde der Kirche“ unterstützt die Arbeiten mit vielen kreativen Aktionen. Dazu gehört auch der Verkauf des „Rissling“ – eines Rieslings, der das Etikett der Bornhöveder Kirche trägt. Ein Pralinen-Workshop, ein Krimi-Dinner, bei dem zwei örtliche Feuerwehrmänner im Pailettenkleid auftraten, oder der Verkauf von Steinherzen und Holzengeln bringen weiteres Geld. „Jeder trägt etwas bei“, betont die Pastorin.

Die Theologin sieht noch großes Potenzial für die Kirche: „Unter dem Altar befinden sich die Grundmauern der alten Tauf- und Missions­kapelle aus dem Jahr 980, die könnte man über eine Glasplatte im Boden sichtbar machen.“ Dafür hofft sie auf weitere Förderung und zügige Arbeit: 2024 steht die 875-Jahr-Feier der Kirche an. Da soll alles fertig sein.