Warum die Gesundheitskarte für Flüchtlinge eine gute Idee ist

In Hamburg erhalten Asylbewerber seit 2012 die Gesundheitskarte. Bundesweit kommt die Einführung nur langsam voran. Dabei gibt es gute Gründe für die Karte.

In Hamburg gibt es eine Gesundheitskarte für Flüchtlinge
In Hamburg gibt es eine Gesundheitskarte für FlüchtlingeVolkmar Schulz / epd

Hamburg/Bremen. Im August 2015 kam Khaled A. aus Damaskus nach Hamburg, geflohen über die Türkei und Griechenland. Nach drei Monaten bekam der Asylbewerber seine Gesundheitskarte, mit der er direkt zum Arzt gehen kann. Doch auch für ihn gilt weiterhin die eingeschränkte Versorgung des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Hamburg hat schon 2012 die Gesundheitskarte für Asylsuchende eingeführt. Doch ein Schutz vor menschlichen Tragödien ist auch das nicht, denn die eingeschränkten Leistungen bleiben. Kritik daran gibt es immer wieder, zuletzt Anfang Februar, als in Hamburg ein zehn Monate altes Flüchtlingskind aus einer Erstaufnahme an multiplen Organversagen starb. Die Eltern aus Syrien erheben schwere Vorwürfe: Die Ärzte hätten auch beim zweiten Termin eine Überweisung des Kindes in ein Krankenhaus abgelehnt.

Millionenbetrag gespart

Frank Burmester, Referatsleiter in der Sozialbehörde, sieht indes in der Gesundheitskarte zahlreiche Vorteile. Vor allem könnten Kosten in der Verwaltung – rund 1,6 Millionen Euro pro Jahr – vermieden werden, schreibt er im Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge.
Seinen Angaben nach müssen seitens der Stadt auch keine komplizierten Verträge mit Ärzten und anderen Leistungserbringern geschlossen, nicht jede einzelne Abrechnung geprüft werden. Das erledigten nun die Profis in der Krankenkasse. Bezahlt werden müsse lediglich der zusätzliche Verwaltungsaufwand des Vertragspartners AOK Bremen/Bremerhaven.
Der Betrag dafür belaufe sich pro Flüchtling auf monatlich zehn Euro sowie acht Euro für die Erstellung der Karte und fünf Euro für die Leistungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK). Die monatlichen Pro-Kopf-Kosten je Flüchtling lägen bei etwa 180 Euro und seien auch mit der Einführung der Gesundheitskarte nicht gestiegen, betont der Fachmann.

In Bremen schon etabliert

Bremen hat schon 2005 ein Modell mit der AOK ausgehandelt. In Günther Egedis Praxis für Allgemeinmedizin kommen täglich zwischen fünf und zehn Asylbewerber mit einer Gesundheitskarte, manche auch mit dem Behandlungsschein der Behörde, falls noch keine Karte ausgestellt wurde.
"Das läuft wie geschmiert", sagt Egedi. Die Flüchtlinge hätten weniger Zeitaufwand, könnten direkt aus den Unterkünften vorbeikommen und seine Sprechstundenhilfen müssten nicht die Namen und Daten manuell in den Computer eingeben oder erst klären, ob die Leistung auch übernommen werde. "Dass einige Bundesländer auf die teure Abschreckungspraxis verzichten, entspricht auch den Forderungen des Deutschen Ärztetages", betont Egedi.
Die Bundesländer sind nicht verpflichtet, Gesundheitskarten an Asylbewerber ausgeben. Schleswig-Holstein hat Ende Januar mit der Einführung begonnen. Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und andere Länder wollen das dieses Jahr noch machen, Bayern, Sachsen und Thüringen hingegen nicht.  

In Metropolen einfacher

Weil die Gesundheitsversorgung Sache der Kommunen ist, gestaltet sich die Umstellung in den Stadtstaaten einfacher als in den Flächenländern. Auch Berlin führt nun die Karte ein und hat dafür Verträge mit vier Krankenkassen geschlossen. In Schleswig-Holstein wird die neue Regelung flächendeckend eingeführt. Die Krankenkassen erhalten dort, neben den Behandlungskosten, die wie bisher die Kommunen tragen, eine Verwaltungsgebühr. Sie beträgt acht Prozent der Behandlungskosten, mindestens aber zehn Euro im Monat.
"Der Flickenteppich ist für die Kassen, die Kommunen, die Ärzte und die Flüchtlinge ein Problem", sagt Christine Göpner-Reinecke, Sprecherin des AOK-Bundesverbands. Grundsätzlich befürwortet sie die Gesundheitskarte: "Es gibt keine Leistungsausweitung, aber nun entscheiden nicht mehr medizinische Laien in den Behörden über die gesundheitliche Versorgung, sondern die Ärzte."
Sie weist darauf hin, dass die Kosten weit unter den Ausgaben blieben, die für die regulär Versicherten anfielen. "Es kommen sehr viele junge Menschen, die in der Regel fit sind", so Göpner-Reinecke. Meist ginge es bei Arztbesuchen nur um Erkältungskrankheiten oder Wunden an den Füßen. (epd)