Warum die Fotografie alles andere als nachhaltig ist

Erst Unmengen an Silber, jetzt seltene Rohstoffe für digitale Bilder: Warum die Fotografie noch nie besonders umweltfreundlich gewesen ist, zeigt eine Schau in Hamburg.

Der Künstler Ignacio Acosta zeigt Pigment-Prints und Videos
Der Künstler Ignacio Acosta zeigt Pigment-Prints und VideosStephan Wallocha / epd

Hamburg. Fotografie benötigt Rohstoffe und hat deshalb Auswirkungen auf Mensch, Tier, Umwelt und Klima. Dass sie dabei keineswegs nachhaltig ist, zeigt die Ausstellung „Mining Photography – der ökologische Fußabdruck der Bildproduktion“ bis zum 31. Oktober im Museum für Kunst & Gewerbe Hamburg (MK&G). Museumsdirektorin Tulga Beyerle und das Kuratoren-Duo Esther Ruelfs und Boaz Levin informierten darüber bei einem Gang durch die Ausstellungsräume. Mit etwa 170 zeitgenössischen Positionen und historischen Fotografien rund um die Rohstoffe des rund 200 Jahre alten zunächst analogen, heute vielfach digitalen Mediums stellt die Ausstellung auch den Zusammenhang zum Klimawandel her.

Die nach Rohstoffen und Ressourcen in fünf Kapitel gegliederte Ausstellung zeige die Geschichte der Fotografie in einer selbst reflektierenden Form, sagte Direktorin Beyerle. Sie mache den Raubbau an den Ressourcen der Welt deutlich, dokumentiert unter anderem von Fotografen. Wurden im 19. Jahrhundert vor allem Salz, Kupfer und Silber für die ersten Fotografien genutzt, verwendete die Fotoindustrie im 20. Jahrhundert für Silbergelatine-Abzüge etwa ein Viertel der weltweiten Silberproduktion. Aktuell ist die digitale Fotografie auf seltene Rohstoffe wie Coltan, Kobalt und Europium angewiesen. Die Speicherung der Bilder produziert zudem große Mengen an Kohlendioxid.

Helmkamera und Horizont

Das erste Kapitel „Kupfer, Gold und die Daguerreotypie“ untersucht die Kupferplatten, die in den 1840er- und 1850er-Jahren die ersten Bildträger waren. „Fossile Brennstoffe, Kohle und Bitumen“ widmet sich Ruß oder Kohle als Pigment, welches als Beimischung von Farbstoffen in der Fotografie seinen Einsatz findet, beispielsweise in Arbeiten von Anaïs Tondeur: Die Künstlerin ist in Großbritannien der Flugbahn von Rußpartikeln als Produkt industrieller Verbrennungsprozesse gefolgt, hat den Horizont mit einer Helmkamera fotografiert, die Feinstaubkonzentration gemessen und Rußpartikel eingefangen. Diese hat sie als Pigment in Druckerkartuschen gefüllt, daraus entstanden Landschaftsfotografien mit ortsspezifischem Farbcharakter.

Ein Aha-Erlebnis

In „Papier und seine Beschichtung“ geht es um Materialien wie Baumwolle, Zellulose, Celluloid und der hauptsächlich aus Rinderknochen hergestellten Gelatine. Ein anderes tierisches Material, das in der Fotografie seinen Einsatz fand, seien Eier gewesen, sagte Kuratorin Ruelfs, Leiterin der Sammlung Fotografie und neue Medien am MK&G.

Arbeiten von Daphné Nan Le Sergent, Simon Starling und dem Kollektiv Optics Divison of the Metabolic Studio im Kapitel „Silber“ berühren die Zusammenhänge des Abbaus dieses Rohstoffs, seiner kolonialen Hintergründe und seiner Verarbeitung. „Das Gewicht der Cloud: Seltene Erden, Metalle, Energie und Abfall“ schließlich widmet sich den Ressourcen, derer es bedarf, um digitale Bilder zu produzieren, auszustellen und zu speichern. Für ein Aha-Erlebnis sorgt dabei eine App, die das Ausstellungspublikum die Lebensdauer und Recycling-Aspekte ihrer Smartphones betrachten lässt. (epd)