Von wegen selbstverständlich!

Gute Lebensmittel und sauberes Wasser – viele halten das für selbstverständlich. Dass mehr Wertschätzung nötig ist, steht im Fokus des Landeserntedankfestes in Wesselburen an der Westküste.

Geschmückte Altäre gehören zum Erntedankfest dazu
Geschmückte Altäre gehören zum Erntedankfest dazuDieter Ludwig Scharnagel / Pixabay

Wesselburen. Die Menschen in Deutschland haben es gut, denn das tägliche Brot bekommen sie problemlos, noch dazu in vielen Sorten. Einmal im Jahr wird dafür Danke gesagt: Das Landeserntedankfest in Schleswig-Holstein wird am Sonntag, 3. Oktober, mit einem Festgottesdienst in der St.-Bartholomäus-Kirche in Wesselburen gefeiert. Als Gäste werden Bischof Gothart Magaard­ und der Landwirtschaftsminister von Schleswig-Holstein, Jan Philipp Albrecht, erwartet.

„In diesem Jahr geht es um das Thema Wertschätzung“, erläutert Pastorin Astrid Buchin, stellvertretende Pröpstin im Kirchenkreis Dithmarschen. Viele würden Essen, Trinken und sauberes Wasser als Selbstverständlichkeit ansehen. „Beim Erntedankfest danken wir für das Selbstverständliche und machen uns einmal bewusst, dass das alles nicht selbstverständlich ist.“ Katastrophen wie das Hochwasser hätten gezeigt, dass die Situation ganz schnell auch eine andere sein könne. „Das Erntedankfest gibt der Dankbarkeit Raum und wendet sie zu Gott. Wer dankt, sieht nichts als selbstverständlich an und weiß sich von Gott reich beschenkt“, teilt der Kirchenkreis mit.

Seit Generationen im Gespräch

Die Wertschätzung gelte aber auch der Arbeit der Landwirte, so Buchin. „Sie produzieren Lebensmittel für alle, und das zum Teil seit Generationen. Sie haben keine geregelten Arbeitszeiten, ihren Alltag diktiert die Natur.“ Und die Politik, denn Landwirte haben sich mit ständig verändernden Anforderungen auseinanderzusetzen, die ihren Beruf erschweren. Sinkende Preise für ihre Erzeugnisse, dazu steigende Auflagen für ihre Arbeit lassen die Einkommen schrumpfen. „Dithmarschen ist eine ländlich geprägte Region“, sagt Astrid Buchin, „hier sind Kirche und Landwirtschaft seit Generationen im Gespräch.“

Bischof Gothart Magaard
Bischof Gothart MagaardMarcelo Hernandez / Nordkirche

Teils würden kleinere Kirchengemeinden Weide- und Getreideland an Landwirte verpachten, und die Nachbarschaft sei lange gewachsen. „Die Initiative des Miteinander-Redens ist hier wichtig“, betont die Theologin, „wir brauchen Gespräche statt Schuldzuweisungen. Kirche will den Austausch in respektvoller Atmosphäre ermöglichen. Wir holen alle an einen Tisch.“

Der ist zu Erntedank reich gedeckt: Die Landjugend und die Landfrauen schmücken die St.-Bartholomäus-Kirche zum Fest mit den Früchten des Feldes, und die Landjugend fertigt traditionell die Erntekrone, die gewöhnlich aus den vier Getreidesorten Gerste, Roggen, Weizen und Hafer besteht.

Bauernmarkt fällt aus

Am vielfältig geschmückten Erntealtar sollen die Fülle der Natur und die Früchte der Arbeit zur Geltung kommen, heißt es vom Kirchenkreis. Doch es werde noch weitaus mehr geerntet: „Nahrung und Kleidung, jedes Wachsen und Gedeihen in Partnerschaft und Familie, große und kleine Erfolge im Beruf – da ist so viel, wofür wir danken können.“ So rufe das Fest auch zum verantwortungsvollen Teilen von Besitz und Ressourcen auf. Partner der Veranstaltung ist „Brot für die Welt“.

Eigentlich, so Astrid Buchin, werde das Erntedankfest sonst von einem Bauernmarkt begleitet, der wegen der Pandemie aber ausfallen müsse. „Stattdessen bieten wir Ernte­dankkisten an.“ Dank der Kooperation mit einem Biohof kann jeder für 15 Euro eine Kiste bestellen, die mit frischem Gemüse aus der Region gefüllt ist: mit Kartoffeln, Weißkohl, Möhren, Rote Beten, Brokkoli und vielem mehr. In einer Broschüre beziehen Kirche, Landwirte, Landfrauen, Landjugend, Politik und Verbände Stellung dazu, was ihnen Erntedank bedeutet. Hinzu kommen Rezepte der Landfrauen, Spielideen und weitere Infos rund um Erntedank und Landwirtschaft.