Von der Ohnmacht auf See

Was passiert, wenn fünf Schiffbrüchige über das Meer treiben? „Ozean“ ist ein Roman über Verzweiflung und Einsamkeit – in ruhigen Worten.

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James Hanley: Ozean
Von Mirjam Rüscher
Die Bedeutung des Wortes Naturgewalten kommt einem erst dann zu Bewusstsein, wenn man ihnen ausgesetzt ist. Wie machtlos der Mensch angesichts der Kräfte der Natur ist, erfahren auch die Schiffbrüchigen in James Hanleys Roman „Ozean“. Nachdem ein englisches Schiff von einem deutschen Torpedo versenkt wurde, retten sich fünf Männer auf ein Boot. Ein sechster ist nach weiterem Beschuss sofort tot. Die Schiffbrüchigen treiben der Hoffnungslosigkeit entgegen.
Curtain ist der einzige Seemann unter ihnen, an ihn klammern seine Gefährten all ihre Hoffnungen: „Er war Ursache und Wirkung, er war die Ordnung und die Hoffnung, der Plan und seine Umsetzung. Ohne Eile, ohne Konfusion, glaubend, gewiss.“ Ohnehin scheint Curtain die einzig vertrauensvolle Person an Bord zu sein, die anderen entpuppen sich als hinterhältig, faul, als Versager, die alle nur sich selbst im Sinn haben.
Hanley, dessen Roman aus dem Jahr 1941 erst jetzt ins Deutsche übersetzt wurde, widmet sich in elf Kapiteln den Persönlichkeiten der Männer, dem Glauben und der Hoffnung, die langsam schwinden, und dem schmalen Grat zwischen Vertrauen und Misstrauen.
Hanley zeichnet die Verzweiflung und Einsamkeit mit ruhigen Worten nach. Es gibt kaum Aufregung oder Spannung. Der Leser treibt mit den Schiffbrüchigen dahin. Stellenweise ist der Text etwas lahm, manchmal ein wenig konfus. Und doch transportiert er eine wesentliche Botschaft: Im Angesicht der Katastrophe ist jeder mit sich, seinen Ängsten und Erinnerungen allein. Nur wenige schaffen es in einer solchen Situation, das Leben der anderen über das eigene Wohl zu stellen.
James Hanley: Ozean
Dörlemann 2015
256 Seiten, 23 Euro

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