Vom „eingewickelten Jesus“

Pastorin Jennifer Battram-Arenhövel aus Delmenhorst (Niedersachsen) liest mit ihrem Sohn in der Kinderbibel. Davon schreibt sie in unserer Kolumne „Einsichten“.

epd

Der Predigttext des kommenden Sonntags lautet: „Durch seine Wunden seid ihr heil geworden. “ aus dem 1. Petrusbrief 2, 21-25

Immer wieder dieselben Seiten. Wir lesen sie nach dem Aufwachen und vor dem Schlafengehen. Die Geschichte von „Jesus, der eingewickelt wurde“, wie mein kleiner Sohn sagt. Er hat vor kurzem die Kinderbibel im Bücherregal entdeckt, und zu Ostern haben wir die Kapitel von Kreuzigung und Auferstehung gelesen.

Wir lesen also diese Kapitel immer und immer wieder. Wie Jesus gefangen genommen wird, wie er vor Pilatus steht, wie er das Kreuz nach Golgatha tragen muss und wie er dann am Kreuz stirbt. Aber mein Sohn findet den Teil besonders interessant, indem Josef von Arimathäa den toten Jesus mit den Wunden an Händen und Füßen vom Kreuz nimmt und in ein Leinentuch wickelt. Dann legt er ihn in ein Grab.

Für meinen Sohn hat das Einwickeln einen hohen Wert. Jemand kümmert sich um den „kranken Jesus“ – er versteht noch nicht, was tot sein bedeutet – und in seiner Vorstellung wird Jesus wieder „heile“. Er wird wieder ganz und ist unversehrt, weil jemand ihn gesund pflegt.

Durch seine Wunden seid ihr heil geworden.

Dieser Vers aus dem 1. Petrusbrief spricht auch davon, heil zu werden. Durch den Tod Jesu am Kreuz, durch seine Wunden, sind wir heil geworden, sagt zumindest der Bibelvers. Aber bin ich wirklich heil? Also ohne Brüche, ohne Risse, ohne Wunden und Narben innerlich und äußerlich? Nein, sicher nicht. Meine Haut ist gerissen an manchen Stellen durch Schwangerschaften und Stillen. Mein Körper erzählt seine eigene Geschichte durch Narben, Dellen und Kratzer. Ich bin nicht perfekt, genauso wenig wie mein Körper. Und doch kann ich heil werden. Nicht makellos, aber heil. Indem ich eingewickelt werde, so wie der tote Jesus von Josef eingewickelt wurde in ein Leinentuch. So werde auch ich eingewickelt in Liebe. Die Liebe Gottes wickelt mich ein, wie ein Tuch oder ein Verband. Sie macht mich ganz und heil, auch wenn es meinem Körper nicht anzusehen ist. Die Wunden Jesu machen mich nicht heil, aber die Liebe Gottes für die diese Wunden stehen, sie wickelt mich ein und macht mich heil.

Unsere Autorin
Jennifer Battram-Arenhövel ist Gemeindepfarrerin in Delmenhorst.

Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Mittwoch.