Vier Pfoten auf den Gräbern

Seit Beginn der Pandemie suchen Städter Grünflächen. Der Kieler Parkfriedhof ist begehrter denn je – auch bei Hunden. Doch sie hinterlassen ihre Spuren.

Werben für ein respektvolles Miteinander (v.l.): Almut Witt, Jörgen Schulz und Sabine Petersen
Werben für ein respektvolles Miteinander (v.l.): Almut Witt, Jörgen Schulz und Sabine PetersenJürgen Schindler

Kiel. Das Grab haben die Gärtner gerade frisch angelegt. Zwei Pfotenabdrücke zeichnen sich deutlich in der glatt geharkten Erde ab. Hier hat ein Hund auf dem Kieler Parkfriedhof Eichhof gespielt. Eindeutig. Dort, wo er aus dem schnellen Lauf abgebremst hat, ist das Grab zerscharrt.

„Die frei laufenden Hunde werden hier auf dem Friedhof echt zum Problem“, sagt Jörgen Schulz. Er ist stellvertretender Leiter der Friedhöfe des Kirchenkreises Altholstein, dem Betreiber des Parkfriedhofs Eichhof. Er hat beobachtet, wie Hundebesitzer ihre Tiere über die Gräber toben lassen oder wie Stöckchen auf dem Feld für die Bombenopfer des Zweiten Weltkriegs geworfen werden. „Und wenn ein Hund mal einen Hasen wittert, geht der quer über das Gelände und stört im schlimmsten Fall eine Beerdigung“, weiß Schulz aus Erfahrung. Das sind krasse Beispiele, aber keine Einzelfälle.

Hälfte der Hunde ohne Leine

Der stellvertretende Friedhofsleiter schätzt, dass fast die Hälfte aller Gassigänger ihre Tiere frei auf dem Eichhof laufen lässt. In Zeiten von Corona und Home­office habe das sogar spürbar zugenommen. Deshalb möchte Schulz die Besucher nun auf die charmante Art darauf hinweisen, dass Hunde auf dem Friedhof definitiv an die Leine gehören: mit großen Tafeln samt einem witzigen Cartoon an allen Eingängen.

Dieser Hund weist auf dem Friedhof freundlich auf das Problem hin Zeichnung: Kompleks
Dieser Hund weist auf dem Friedhof freundlich auf das Problem hin Zeichnung: Kompleks

Sabine Petersen, Vorsitzende des Tierschutzvereins für Kiel und Umgebung, betont: „Verantwortungsvolle Hundemenschen nehmen Rücksicht auf andere. Wir betreuen im Tierheim Uhlenkrog rund 1000 Wildtiere im Jahr. Das sind oft Vögel, bei denen Hunde die Elterntiere verscheucht haben. Und hier auf dem Parkfriedhof Eichhof brüten Rotkehlchen und Amseln“, nennt sie einen der Gründe, warum das Tierheim die Plakataktion unterstützt. Auch als Halterin von zwei Hunden könne sie nicht nachvollziehen, warum die Leute ihr Tier nicht an die Leine nehmen. Und auch manche Hunde würden es nicht mögen, wenn plötzlich ein fremder Artgenosse vor ihnen stehe.

Dazu kommt ein weiteres, übelriechendes Problem auf dem Parkfriedhof. „Für unsere Mitarbeitenden ist es eine Zumutung, den Rasen zu mähen, weil Halter die Häufchen ihrer Tiere einfach liegen lassen“, sagt Jörgen Schulz. Hin und wieder finde sich Hundekot auch auf den Gräbern. „Manche nehmen die Häufchen zwar mit, aber schmeißen die Beutel dann irgendwo in die Botanik“, regt sich der stellvertretende Friedhofsleiter auf.

Wenig Einsicht

Mehrfach haben er und seine Leute Gassigeher angesprochen. Aber statt mit Einsicht reagieren viele nur spöttisch, teils sogar aggressiv. Sabine Petersen vom Tierheim Uhlenkrog schüttelt darüber verständnislos den Kopf: „Hundemenschen, reißt euch zusammen! Das ist nicht irgendein Feldweg, das ist ein Friedhof, ein ganz besonderer Ort.“ Daran erinnert ein zweiter Cartoon, der von jetzt an als großes Plakat an den Eingängen hängt.

Miteinander aufs Spiel gesetzt

„Unser Ziel ist es nicht, Hunde vom Friedhof zu verscheuchen“, stellt Pröpstin Almut Witt klar. „Im Gegenteil. Uns ist als Träger des Eichhofs klar, dass er für die Menschen drum herum eine grüne Oase ist.“ Friedhöfe seien Orte, an dem Tod und Leben sich begegnen: „Aber wenn hier Menschen am Grab trauern, dann geht es nicht, dass sie dabei Angst vor Hunden haben müssen.“

Almut Witt kann nicht verstehen, warum sich einige Leute nicht an die Regeln hielten und damit das friedliche Miteinander aufs Spiel setzten. Klipp und klar kündigt die Kieler Pröpstin an: „Wenn wir die Probleme auf die freundliche Art nicht in den Griff bekommen, werden wir die Eingänge ‚Friedenskamp‘ und ‚Posthorn‘ schließen. Darunter würden alle Besucher und Gassigeher mit Schietbüdel und Leine leiden, und das wäre schade.“

Jürgen Schindler ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis Altholstein.