Die Massai in Tansania leben seit Jahrhunderten als halbnomadische Viehzüchter. Doch seit Monaten häufen sich Berichte über Zwangsumsiedlungen, Repressionen und politische Ausgrenzung.
Vor den Präsidenten- und Parlamentswahlen in Tansania am Mittwoch verweisen Menschenrechtler auf die schwierige Lage der indigenen Massai. Seit Monaten häuften sich Berichte über Zwangsumsiedlungen, Repressionen und politische Ausgrenzung, berichtet die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Dienstag.
Nach dem Ausschluss führender Oppositionskandidaten und -parteien von den Wahlen sei zu erwarten, dass Präsidentin Samia Suluhu Hassan im Amt bleibe, so die Regional-Referentin der Organisation, Laura Mahler. Die zunehmende Kontrolle der Regierung über Opposition und Zivilgesellschaft drohe die Situation der Massai weiter massiv zu verschlechtern. Deutschland dürfe dabei hier “nicht tatenlos zusehen”, erklärte Mahler. Die Bundesregierung müsse die Entwicklungszusammenarbeit mit Tansania überprüfen.
Die Massai leben laut der GfbV seit Jahrhunderten als halbnomadische Viehzüchter in den Regionen Loliondo, Serengeti und Ngorongoro. Nun würden sie durch wirtschaftliche Druckmittel und eine seit vier Jahren andauernde Blockade sozialer Dienstleistungen aus ihrem angestammten Land vertrieben. Schulbetrieb und Gesundheitsversorgung seien eingestellt, Weideland unzugänglich gemacht und Vieh beschlagnahmt worden. Die Regierung bezeichne diese Vertreibung als “freiwillige Umsiedlung”.
Der Massai-Anwalt Joseph Oleshangay erklärte, die Beschlagnahmung von Vieh ziele darauf ab, die Menschen von ihrem angestammten Land zu vertreiben, “damit andere Menschen Tourismusunternehmen gründen können”. All das geschehe “unter dem Deckmantel des Naturschutzes”, so der Anwalt, der 2023 den renommierten Weimarer Menschenrechtspreis erhielt. Weiter sagte er: “Dieses Land zu schützen, ohne die Massai einzubeziehen, bedeutet, Ungerechtigkeit in ein grünes Gewand zu kleiden.”
Im August 2024 protestierte die Massai-Gemeinschaft laut der GfbV sechs Tage lang in Ngorongoro und blockierte eine Touristenstraße, um die Aufmerksamkeit der Regierung auf sich zu lenken. Da die Demonstrationen das Tourismusgeschäft bedrohten, habe Präsidentin Samia Suluhu Hassan zwei Untersuchungskommissionen versprochen, um die Situation zu überprüfen. Die Ergebnisse der beiden Kommissionen seien jedoch bis nach den Wahlen unter Verschluss.