„Vertraut den neuen Wegen“

Mitten im Corona-Herbst hat Militärpfarrer Andreas Spelmeyer seine neue Stelle angetreten. Hier berichtet er.

Militärpfarrer Andreas Spelmeyer nutzt beim Video-Gottesdienst in Garlstedt auch mal ungewöhnliche Requisiten
Militärpfarrer Andreas Spelmeyer nutzt beim Video-Gottesdienst in Garlstedt auch mal ungewöhnliche RequisitenBundeswehr

Osterholz-Scharmbeck. „Vertraut den neuen Wegen…!“ Das galt auch für mich, als ich am 1. November 2020, mitten im Corona-Herbst, an der Logistikschule der Bundeswehr in Garlstedt bei Osterholz-Scharmbeck meine neue Stelle als Militärpfarrer antrat. Erfahrungen in diesem Dienst brachte ich schon aus Delmenhorst, Oldenburg und „SHAPE“, „Superior-Headquarter-of-allied-Powers-in-Europe“, dem Natohauptquartier in Belgien mit.

In Belgien konnte ich bereits Einblicke in den Umgang mit „digitalisierter Verkündigung“ gewinnen. Durch die relativ enge Zusammenarbeit von Soldatinnen und Soldaten verschiedener Nationen war es dort im Interesse aller nötig, die unterschiedlichen Corona-Regeln besonders strikt einzuhalten. So war es über viele Wochen hinweg unmöglich, gemeinsam Gottesdienst zu feiern. Deshalb arbeitete ich mich gemeinsam mit meiner Mitarbeiterin Mandy Rechenberger in die Materie ein. Wir kauften aus großzügig bewilligten Sondermitteln Kameras, Stative, Mikrofone und alles, was man dafür braucht, und begannen Gottesdienste aufzuzeichnen und als Livestream bei Facebook einzustellen. Soldatinnen und Soldaten genauso wie zivile Mitarbeitende von Mittelengland bis in die Provence verfolgten mit ihren Familien an den jeweiligen Standorten die Videoangebote der Militärseelsorge aus „SHAPE“.

Kinderstunde am schönsten

Am schönsten aber war die Kinderstunde. Auch die religionspädagogische Arbeit im deutschen Kindergarten musste natürlich ausfallen. Also gab es fortan jede Woche eine Kinderstunde mit biblischen Geschichten, dem Vaterunser mit Gesten, gemeinsamen Liedern und Gebeten via Facebook. Beileibe nicht nur die Kinder, sondern oft auch Väter und Mütter schauten mit Begeisterung zu.

Zumindest zu einem Teil konnte ich diesen Schwung mitnehmen nach Garlstedt. Seit Monaten schon werden hier in ökumenischer Eintracht Videoandachten zur Wochenmitte auf der speziellen Schulseite ausgestrahlt. Dieses Angebot ist umso wichtiger, da auch hier etliche Gottesdienste ausfallen mussten, so zum Beispiel der traditionelle Gottesdienst am Heiligen Abend, zu dem oft von weither Soldatenfamilien angereist kommen.

Die kurzen wöchentlichen Andachten müssen hier nicht mehr vom Militärseelsorgeteam aufzeichnet werden. Das macht hochprofessionell das Fachmedienzentrum der Logistikschule. Durch diese Zusammenarbeit gibt es immer wieder neue Tipps für die Ausführenden. „Das Licht stimmt noch nicht. Da war ein Nebengeräusch. Drehen Sie sich doch bitte ein wenig nach links.“

Fester Zuschauerkreis

Die Ergebnisse können sich sehen lassen und haben längst einen festen Zuschauerkreis gefunden.

Auf allen Seiten, bei Produzierenden und Zuschauenden, ist besonders bei den älteren immer wieder Vertrauen in die neuen Wege der Verkündigung gefordert. Das allseits beliebte „Das haben wir ja noch nie gemacht!“ hat ausgedient. Auch ich mache mich dafür stark, die neuen Medien und ihre Möglichkeiten auszuprobieren und einzusetzen. Gleichzeitig bin ich aber absolut sicher, dass nichts den persönlichen Kontakt beim gemeinsam Beten, Sprechen und Gottesdienstfeiern ersetzen kann. Gottseidank ist dies jetzt fast überall wieder im vollen Umfang möglich. Auch dabei gilt: „Vertraut den neuen Wegen!“

Unser Autor
Andreas Spelmeyer ist Pfarrer im Militärpfarramt Osterholz-Scharmbeck.