Verliehen und verschollen: Wo stecken die Mosaike aus Hamburg?

Hamburg. Wo sind unsere Kunstwerke geblieben? Das fragt sich eine Gemeinde aus Hamburg-Lurup. Einst wurden die Mosaike in den Kreis Dithmarschen verliehen. Doch dann verliert sich die Spur der wertvollen Werke.

Eine Führung durch die eigene Gemeinde brachte den Stein ins Rollen. Im Oktober des vergangenen Jahres erläuterte der Kunsthistoriker Jochen Schröder den Mitgliedern der Gemeinde „Zu den 12 Aposteln“, welche kleinen Schätze die Gemeinde hütet. Die Fenster der Kirche stammen zum Beispiel vom Bildhauer Siegfried Assmann, der sich mit Glasmalerei einen Namen gemacht hat. In der Taufnische steht ein altes Keramik-Kreuz, geformt von einer Schwester im Kloster Herstelle in Ostwestfalen. Und auch das Mosaik „Freude des Kreuzes“ von Lothar Schreyer bewunderten die Teilnehmer der Führung.
Doch drei Werke Schreyers fehlten in der Gemeinde: Mosaike mit den berühmten „Ich bin“-Worten Jesu. Und als Schröder die Besucher durch die Gemeinde führte, da wurde Pastorin Marion Hild und ihren Mitstreitern erst so richtig deutlich, dass die Mosaike doch irgendwie zu der Gemeinde in Lurup dazugehörten.
Pastorin Marion Hild präsentiert das Mosaik „Freude des Kreuzes“, das wie die vermissten Mosaike von Lothar Schreyer stammt
Früher hingen die Werke im Übergang zwischen der Kirche und dem Pastorat: drei Mosaike, bei denen die Lila-Töne dominieren. In die Werke hat der Künstler die „Ich bin“- Worte Jesu aus dem Johannes-Evangelium eingearbeitet. „Ich bin das Brot des Lebens“ ist zum Beispiel auf dem linken Mosaik zu lesen. Von den sieben „Ich bin“-Worten weicht das rechte Mosaik ab: „Ja, ich bin ein König“ ist dort zu lesen, das aus der Szene „Jesu Verhör vor Pilatus“ stammt. Generell soll mit den Worten auf die Heilsbedeutung Jesu hingewiesen werden.

Materieller Wert kann sich sehen lassen

Nach der Führung macht sich Pastorin Hild an die Arbeit und forscht nach. Sie wälzt Unterlagen und findet heraus: Die Gemeinde hat die Mosaike verliehen, und zwar an eine Gemeinde im Kreis Dithmarschen (Schleswig-Holstein). Doch dann verliert sich die Spur. „Niemand kann sagen, wo die Mosaike geblieben sind“, sagt Pastorin Hild. Die Unterlagen zum Verbleib der Mosaike sind nämlich ziemlich dünn. Es finden sich keine Infos, an welche Dithmarscher Gemeinde die Werke verliehen wurden. Auch wann die Leihe stattfand, ist unbekannt. Im Staatsarchiv Hamburg gibt es jedoch noch ein Foto der Mosaike aus dem Jahr 1964. Damals hingen sie noch in Lurup.
Für die Gemeinde haben die Werke einen hohen ideellen Wert. Doch auch der materielle Wert kann sich sehen lassen. Auf einen „niedrigen vierstelligen Betrag“ schätzt Michaela Derra vom Auktionshaus Ketterer Kunst den Wert. Eigentlich sei der Wert sogar noch höher einzuschätzen, doch die Jesu-Worte Schreyers gehören zur christlichen Kunst – und in diesem Bereich ist die Nachfrage nicht so groß wie bei „weltlichen Werken“. Oft seien Stiftungen oder soziale Einrichtungen interessiert, die aber nicht viel bezahlen könnten.

Schreyer war eine umstrittene Figur

Der Maler und Schriftsteller Lothar Schreyer hat auch in Hamburg seine Spuren hinterlassen. Von 1911 bis 1918 war er Dramaturg am Deutschen Schauspielhaus in der Hansestadt. Er zählt zu den Pionieren des Expressionismus und der abstrakten Kunst in Deutschland. Viel Beachtung unter Kunstexperten finden seine Werke zur christlichen Kunst. Allerdings gilt Schreyer auch als eine umstrittene Figur: Er gehörte zu den 88 Schriftstellern, die 1933 das „Gelöbnis treuester Gefolgschaft“ für Adolf Hitler unterzeichneten.
Eine Sache ist Pastorin Hild wichtig: Man wolle niemanden an den Pranger stellen und bestrafen. Es gehe jetzt erst einmal darum, herauszufinden, wo die Werke geblieben sind. Wer dazu etwas weiß, kann sich per E-Mail bei Pastorin Marion Hild melden: m.hild@hamburg.de