Verkauf der Grimmer Kirchenbude war sinnvoll

Für 2.800 Euro ein kirchliches Gebäude zu verkaufen, das einen Verkaufswert von 90.000 Euro hat – kann das richtig sein? Ja, sagt das Bauamt des Pommerschen Kirchenkreises.

Die Kirchenbude in Grimmen steht unter Denkmalschutz, trotzdem zerfällt sie zusehends.
Die Kirchenbude in Grimmen steht unter Denkmalschutz, trotzdem zerfällt sie zusehends.privat

von Sybille Marx

Grimmen. Aus Sicht von Pastor Wolfgang Schmidt ist es ein Jammer: dass die Grimmer Kirchengemeinde im Jahr 2005 – noch vor seinem dortigen Amtsantritt – die Kirchenbude verkaufte. Ein denkmalgeschütztes Fachwerkhaus mitten in der Altstadt. Für nur 2800 Euro wechselte das Haus damals den Besitzer, obwohl der Verkehrswert auf 90.000 Euro geschätzt wurde. "Dadurch ist ein finanzieller Verlust für die Kirchengemeinde entstanden", meint Pastor Schmidt. Auch ein Leserbriefschreiber suggerierte vor einigen Wochen in der Kirchenzeitung, die Entscheidung sei falsch gewesen, "etwas mehr Realitätssinn" sicher angebracht.
Hätte die Gemeinde das Gebäude sanieren oder wenigstens teuer verkaufen können? Und wäre sie dazu vielleicht sogar verpflichtet gewesen, auch im Blick auf die kommenden Generationen?
Aus der Bauabteilung des Pommerschen Kirchenkreisamts kommt Einspruch. Das Konsistorium habe den Verkauf damals kirchenaufsichtlich genehmigt – wie üblich bei Verkäufen von kirchlichen Gebäuden in der Pommerschen Landeskirche – und alles für korrekt befunden.

"Ziegel drohten vom Dach zu stürzen"

"Dass überhaupt ein Käufer gefunden werden konnte, war sicherlich ein Glücksfall", erklärt Kirchenkreissprecher Sebastian Kühl nach Absprache mit den damals zuständigen Bauexperten. Der Grund: Das Gebäude sei "im höchsten Maße sanierungsbedürftig" gewesen, die finanzielle Belastung der Gemeinde dadurch enorm hoch.
Die Kirchenbude, vom Landesdenkmalamt im Januar dieses Jahres gerade zum "Denkmal des Monats" von MV erklärt, stammt aus dem Jahr 1819, diente über Jahrzehnte als eine Art kirchliches Seniorenheim für Arme – und war um das Jahr 2005 herum so baufällig, dass unter anderem Ziegel vom Dach zu rutschen drohten. Sicherungsmaßnahmen seien nötig gewesen, erklärt Sebastian Kühl. Zudem stand und stehe das Haus unter Denkmalschutz und sei ein Fachwerkhaus, "das hätte eine Sanierung für die Gemeinde äußerst kostenintensiv gestaltet."

Kirchenbude ist wertvolles Kulturdenkmal

Wolfgang Schmidt, der seit seinem Amtsantritt in Grimmen zahlreiche kirchliche Häuser oder Gebäudeteile mit Hilfe von Fördermitteln hat sanieren lassen, findet diese Argumentation nur zum Teil überzeugend. Zwar sei die Gemeinde mit dem Verkauf der Kirchenbude eine Baulast losgeworden. "Aber warum wurden die 700 Quadratmeter Grund und Boden im Herzen der Stadt mit verkauft, ohne wenigstens hier den ermittelten Preis zu beachten?", fragt er. Das Gutachten dafür habe bei 56.000 Euro gelegen. "Hier wäre doch ein Erbbaupachtvertrag sinnvoll gewesen, mit dem die Kirchengemeinde jährliche Einnahmen gehabt hätte." Im Übrigen stelle die Kirchenbude "ein wertvolles Kulturdenkmal dar, bei dem wir als Kirche natürlich auch eine bleibend hohe Verantwortung haben", findet er. Unter dem jetzigen Besitzer scheine das Haus zu verfallen, das sei das Tragische. "Bei einem Abriss verändert sich auch das gesamte Ensemble um die Kirche."

Unterschiedliche Auffassungen

Wolfgang Schmidt hätte sich zudem vorstellen können, das Haus für diakonische Zwecke zu nutzen, wie er sagt. "Bei unserer immer größer werdenden sozialen Not wird diakonische Arbeit in Zukunft eine große Rolle spielen." Die Gemeinde und die Bauabteilung des Konsistoriums waren 2005 allerdings zu dem Schluss gekommen, dass die Kirchenbude mit ihren kleinteiligen Kammern und Stuben für die Gemeindearbeit "wenig sinnvoll" sei und ein radikaler Umbau aus Denkmalschutzgründen nicht möglich. Auch das Grundstück sei relativ klein, "so dass auch hier die Nutzung eingeschränkt ist. Parkmöglichkeiten gibt es ebenfalls keine", erklärt Kühl.
Alles in allem vertritt das Bauamt darum die Position: "Das Gebäude ist aus denkmalpflegerischer Sicht und für die Stadt- und Kirchengeschichte interessant". Doch "für die Kirchengemeinde standen diese Kriterien hinter der Priorität der Gemeindearbeit sowie der Finanzierbarkeit zurück."