Verborgene Kunstschätze wieder hübsch gemacht

In der Kirche von Quern sind Malereien aufwändig restauriert worden. Dabei ist an unerwarteter Stelle ein weiteres Gemälde entdeckt worden.

Küster Peter-Christian Carstensen zeigt die Kunstschätze
Küster Peter-Christian Carstensen zeigt die Kunstschätze

Quern. Das hatte Peter-Christian Carstensen nicht erwartet. Als der Querner Küster gemeinsam mit einem Tischler drei der vorderen Kirchenbänke entfernte, um mehr Platz für Aufführungen des Chores und des Posaunenchores zu schaffen, tauchte hinter der abgeschraubten Bank an der Holzverschalung der Kanzel ein Bild auf. Zwei Frauenköpfe, die Augen geschlossen, vielleicht ins Gebet vertieft. „,Oha‘, dachte ich und habe den Pastor angerufen“, sagt Carstensen. So richtig verblüfft habe ihn dieser Zufallsfund aber nicht: „Das habe ich gelernt – wenn man in der Kirche etwas umbaut, gibt es immer Überraschungen.“

Als vor rund zehn Jahren das Dach erneuert werden musste, war man auf dem Dachboden auf fast vergessene Kunstschätze gestoßen. Ein alter Taufdeckel, gemalte Bibelszenen, die einst die Empore geziert hatten, und die Flügel des alten Altars aus dem 17. Jahrhundert, der 1869 einer neugotischen Ausstattung weichen musste. Verstaubt und voller Fledermausdreck standen die Stücke oben im Turm; was darauf abgebildet war, war kaum noch zu erkennen. 2006 wurden sie an Ort und Stelle professionell entstaubt und verpackt, um sie zumindest vor weiteren Schäden zu bewahren. Die beiden Altartafeln, zwei besonders wertvolle Stücke, sind jetzt restauriert worden.

Darstellungen gut erhalten

In kräftigen Farben erstrahlen eine Abendmahls- und eine Kreuzigungsszene auf je etwa einem Quadratmeter. Die beiden Schleswiger Restauratorinnen Uta Lemaitre und Ursula Lins haben die Bilder wiederhergestellt. „Die Tafeln sind aus Eichenholz, das war unser Glück“, erklärt Lemaitre, „dadurch gab es kaum Holzschädlingsbefall.“ Die Darstellungen selbst waren fast komplett erhalten, wie sich nach der Reinigung zeigte. Kleinere Stellen, an denen Farbe fehlte, wurden retuschiert. „Es sind sehr qualitätvolle Einzelstücke, die sich gut wieder in den Kirchenraum integrieren lassen“, sagt Lemaitre.

Ihren neuen Platz werden die alten Altarflügel an der Nordwand des Kirchenschiffs erhalten. Die Wände sind weiß, nur einige Flächen sind mit abstrakten Elementen und Kreuzen in Grau, Rot und Blau verziert. Die Bemalung stammt unverkennbar aus den 1950er-Jahren. Damals war die romanische Dorfkirche auf dem Scheersberg nahe der Flensburger Förde grundlegend renoviert worden. Moderner sollte sie werden, und auf alte Bilder wurde da nicht viel Rücksicht genommen. Die Empore war marode und wurde zum Teil entfernt – mit ihr die gemalten Bibelszenen, die immerhin auf dem Dachboden abgestellt wurden. „Man ist sehr sorglos mit solchen Dingen umgegangen“, erinnert sich Gemeindemitglied Claus Petersen, der damals noch ein Kind war. „Alles was nicht mehr gebraucht wurde, landete auf dem Schutthaufen.“

Mit Jesus auf der Rückbank

Besonders ist ihm die Neugestaltung des Kruzifix im Gedächtnis geblieben: Die Bemalung sollte entfernt werden, der Jesus musste zu einem Bildhauer ins 13 Kilometer entfernte Kragholm gebracht werden. „Der Inhaber des Mühlenbetriebes in Nübelfeld hatte ein großes Auto. Ich, der kleine Claus, wurde auf die Rückbank beordert und mir wurde Jesus mit den Worten ,chut fasthooln‘ in den Arm gelegt.“ Wohl gefühlt habe er sich dabei nicht, es kam ihm fast vor, als hielte er eine Leiche im Arm. „War es ja so gesehen auch.“ Nachdem die Farbe abgenommen und das Holz mit Bienenwachs behandelt worden war, musste er auf der Rücktour dasselbe noch einmal über sich ergehen lassen. Petersen: „So kann wohl niemand in der Gemeinde sagen, er hätte einen engeren Kontakt zu Jesus gehabt.“

Den Entwurf für die neue Ausgestaltung der Kirche übernahm 1958 der junge Künstler Ernst Günter Hansing (1929-2011), der in Paris und Berlin studiert hatte und in Groß-Quern wohnte. Er sollte später mit seinen Porträts von Persönlichkeiten wie Konrad Adenauer, Mutter Teresa oder Papst Johannes Paul II. bundesweit bekannt werden, wobei das Kreuz ein Schwerpunktthema seines Schaffens blieb. „Da die Gestaltung von einem berühmten Maler gestaltet wurde, wird die Kirchengemeinde in Quern wohl noch lange damit leben müssen“, sagt Claus Petersen.
Tut sie auch. Aber an einigen Stellen haben die Restauratorinnen doch herausgearbeitet, was unter dem Weißanstrich verborgen ist. Dabei zeigte sich, dass die bemalten Bretter unter der Kanzel kein ganzes Bild ergeben. Die Teile sehen aus wie ein falsch zusammengesetztes Puzzle. „Man brauchte wahrscheinlich einfach Bretter zum Verkleiden der Kanzel“, mutmaßt Küster Carstensen, „und der Rohstoff Holz war offenbar kostbarer als das Gemälde“.
Info
Die restaurierten Altar-Tafeln werden in einem Regionalgottesdienst der Nieharde am Sonntag, 22. Mai, 11 Uhr, vorgestellt.