Umstrittener Pastor Latzel wegen Volksverhetzung verurteilt

Der evangelikale Theologe muss eine Geldstrafe zahlen. Auf Youtube hatte er zum Hass gegen Homosexuelle angestachelt, sagte die Richterin.

Pastor Olaf Latzel (li.) vor Beginn des Prozesses im November 2020
Pastor Olaf Latzel (li.) vor Beginn des Prozesses im November 2020Tristan Vankann / epd

Bremen. Das Amtsgericht Bremen hat den evangelischen Pastor Olaf Latzel wegen Volksverhetzung verurteilt. Der 53-jährige Theologe muss eine Geldstrafe von 8.100 Euro zahlen, wie die Richterin bekanntgab. Ihrer Auffassung nach hat er zum Hass gegen Homosexuelle und Intergeschlechtliche angestachelt. Latzels Äußerungen seien Stimmungsmache und könnten als Lizenz zum Handeln gegen diese Menschen verstanden werden, hieß es in der Urteilsbegründung. Latzels Anwalt kündigte an, Rechtsmittel gegen die Entscheidung einzulegen. Wenn nötig, werde er bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

Der Seelsorger der Bremer St.-Martini-Gemeinde hatte bei einem auch auf Youtube veröffentlichten Eheseminar unter anderem gesagt: „Der ganze Gender-Dreck ist ein Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung, ist zutiefst teuflisch und satanisch.“ Und: „Überall laufen diese Verbrecher rum vom Christopher Street Day.“


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Vor Gericht hatte Latzel sich für seine Worte entschuldigt und erklärt, sie seien missverstanden worden. Er lehne zwar die homosexuelle Lebensweise auf Grundlage der Bibel ab, habe aber nichts gegen Homosexuelle. Mit dem Wort „Verbrecher“ habe er „militante Aggressoren“ gemeint, die ihn und seine Gemeinde immer wieder attackierten.

Der Kontext, in dem die Aussagen gemacht worden seien, mildere diese nicht ab, urteilte das Gericht. Die Unterscheidung zwischen Homosexuellen und Homosexualität ließ es nicht gelten. „Homosexualität ohne Menschen ist nicht vorstellbar“, erklärte die Richterin. Sie betonte, das Urteil auch vor dem Hintergrund des derzeit herrschenden „Meinungsklimas“ getroffen zu haben, und appellierte: „Wir sollten uns alle dafür einsetzen, dass der Umgang miteinander wieder respektvoller wird.“ Die Geldstrafe in Höhe von 8.100 Euro setzt sich aus 90 Tagessätzen zu je 90 Euro zusammen.

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"Bekämpft Homophobie!" – vor der St.-Martini-Kiche haben Unbekannte im Oktober diese Parole geschmiertDieter Sell / epd

Latzel, der sich als bibeltreu bezeichnet, hatte in der Vergangenheit schon öfter für Aufsehen gesorgt. So hatte er 2015 Buddhisten, Katholiken und Muslime diffamiert. In einer Predigt bezeichnete er Buddha als „dicken, fetten Herrn“ und den Segen des Papstes „Urbi et Orbi“ als „ganz großen Mist“, das islamische Zuckerfest sei „Blödsinn“.

Die Bremische Evangelische Kirche hat sich von den Aussagen ihres Pastors distanziert. Ein bereits im Mai gegen ihn eröffnetes kirchliches Disziplinarverfahren ist bis zum Abschluss des Strafverfahrens ausgesetzt. Das könnte sich noch hinziehen, weil Latzels Anwalt Rechtsmittel gegen die Entscheidung angekündigt hat.  Der leitende Theologe der Bremischen Evangelischen Kirche, Bernd Kuschnerus, reagierte „verstört“ darauf, „dass ein Pastor unserer Kirche wegen Volksverhetzung verurteilt worden ist“, sagte er. „Die Äußerungen, die der Verurteilung zugrunde liegen, sind nicht hinnehmbar und schaden dem Ansehen der ganzen Kirche. Der Kirchenausschuss wird jetzt über die nötigen Konsequenzen beraten.“

Der Sprecher des Christopher Street Days (CSD) in Bremen, Robert Dadanski, begrüßte das Urteil. Es zeige, dass die Äußerungen Latzels nicht einfach eine Spinnerei gewesen seien, sondern definitiv Menschen verletzt hätten. „Wir erwarten, dass die Bremische Evangelische Kirche jetzt handelt und sich ihrer Verantwortung stellt“, betonte Dadanski und forderte die Suspendierung des Pastors. Der CSD-Vorstand hatte aufgrund der Äußerungen Latzels im Eheseminar im Frühjahr Strafantrag gestellt.

Rosen für den Pastor

Schon Stunden vor der Urteilsverkündung hatten sich Anhänger und Gegner des umstrittenen Bremer Innenstadtpastors Olaf Latzel vor dem Bremer Konzerthaus „Die Glocke“ versammelt. Auf Plakaten standen Sprüche seiner Fans wie „Deine Gerechtigkeit, oh Gott ist auf ewig gerecht und dein Gesetz ist Wahrheit. Die Bibel“. Kritiker des streng konservativen Pastors konterten mit „Anti-Feministische Fundis abtreiben!“ Zwei Männer mit einem Strauß Rosen in der Hand warteten in der Kälte auf ihren Pastor, der wenige Minuten zuvor verurteilt worden war. „Der Strauß ist für ihn, weil er nun leiden muss.“ (KNA/epd)