Die Finanznot bringt Kommunen zu neuen Vorschlägen, um ihre Haushalte zu entlasten. Der Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd regte nun an, Schüler Klassenzimmer putzen zu lassen. Kritik kam prompt.
Sollten sich Schülerinnen und Schüler wieder an der Reinigung ihrer Klassenzimmer beteiligen? Der Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd, Richard Arnold (CDU), hätte das gerne. “Ich wäre dafür, dass das wieder eingeführt wird in den Klassenräumen”, sagte der CDU-Politiker in der SWR-Sendung “Zur Sache Baden-Württemberg!”. Seine Begründung: “Das würde uns finanziell entlasten und würde vielleicht ein Stück Verantwortung wieder zurückgeben an die Schülerinnen und Schüler und an die Lehrer.”
Für die Reinigung von Schulen, Kitas und weiterer öffentlicher Gebäude zahle die Stadt Schwäbisch Gmünd derzeit 4,5 Millionen Euro pro Jahr. In Zeiten knapper öffentlicher Kassen müsse man neue Wege beschreiten, sagte Arnold. Früher sei es gang und gäbe gewesen, dass Schülerinnen und Schüler selbst den “Kehrwisch” in die Hand genommen hätten. “Die Älteren unter uns erinnern sich: Da wurde das Klassenzimmer gereinigt durch die Klasse selber.”
Doch bei den Schülern kommt der Vorstoß gar nicht gut an. Der Landesschülerbeirat Baden-Württemberg hält Arnolds Vorschlag für “unsinnig und nicht zielführend”. Der Beiratsvorsitzende Joshua Meisel sagte am Dienstag auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), im ohnehin schon eng getakteten Schulalltag sei es kaum möglich, Schülerinnen und Schüler zusätzlich zum Putzen heranzuziehen.
“Da die Pausen der Erholung dienen – nicht der Reinigung -, müssten sie Unterrichtszeit opfern”, betonte Meisel. Das könne weder im Interesse von Schülerinnen und Schülern noch von Eltern oder Lehrkräften sein. Die “geringen Einsparungen bei den Reinigungskosten” würden sich “langfristig doppelt und dreifach rächen”, warnte Meisel. Der OB-Vorschlag spare damit “vor allem an der Zukunft”. Auch nach dem Unterricht sei das Putzen der Klassenzimmer nicht möglich, “da die Busse meistens sehr knapp nach dem Unterricht abfahren”, erläuterte Meisel.
Arnold, seit 2009 Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd, sieht die Stadt jedoch exemplarisch für viele Kommunen, die finanziell dramatisch unter Druck stünden und massiv sparen müssten. “Wir sind im dritten Jahr in einer Stagnation. Die Wirtschaft floriert nicht mehr so wie gewohnt”, sagte er. Bei der Verteilung der knappen öffentlichen Gelder müsse es einen maßvollen Interessenausgleich geben.
Doch sollten Schüler ihre Klassenräume selbst putzen, um die städtischen Haushalte finanziell zu entlasten? Darauf reagierte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi Baden-Württemberg entsetzt. Verdi-Landesbezirksleiterin Maike Schollenberger sagte am Dienstag in Stuttgart: “Es reicht. Die Vorschläge der Oberbürgermeister in ihrer Not werden immer absurder. Anstatt endlich gemeinsam für eine ausreichende und gerechte Finanzierung unserer Kommunen zu streiten, soll ein Streichkonzert an kommunalen Dienstleistungen von Buslinien bis zu Kultureinrichtungen exekutiert werden und jetzt auch noch Kinder ihre Klassenräume selbst putzen.”
Dass Schülerinnen und Schüler die Arbeit von Reinigungskräften ersetzen sollten, sei “auch eine Frechheit gegenüber unseren Kolleginnen und Kollegen, die für diese Arbeit qualifiziert sind und seit Jahren unter enormer Belastung für uns kommunale Einrichtungen sauber halten”, sagte die Gewerkschafterin.
Landes-Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) reagierte hingegen positiv auf den Vorschlag des Oberbürgermeisters und sagte in der SWR-Sendung: “Herr Arnold hat einen unbequemen, aber sehr ehrlichen Vorschlag gemacht, wie wir Dinge hinterfragen können, um das Gemeinwesen aufrechtzuerhalten.” Der Minister betonte: “Wir alle sind der Staat, wir alle sind ein Gemeinwesen.”
Das baden-württembergische Kultusministerium hält es laut SWR für möglich, dass Schulleitungen und Lehrkräfte das Thema Sauberkeit thematisieren. “Dazu können durchaus auch permanente, etwa in der Klasse rotierende Aufgaben gehören, die auch mit der allgemeinen Sauberkeit innerhalb des Schulgebäudes oder dem zugehörigen Gelände zu tun haben”, sagte ein Ministeriumssprecher. Er stellte aber klar, es sei nicht die Aufgabe der Schüler, “eine professionelle Reinigung der Schule durchzuführen, geschweige denn, eine solche zu ersetzen”. Dies geböten schon die gängigen Hygienevorschriften. Auf eine KNA-Anfrage reagierte das Kultusministerium zunächst nicht.